Das Traumhaus


an dem wir morgens auf dem Weg in den Kindergarten vorbei fahren.

Lünemann – der Abriß


In der Rückschau: Ereignisse am 08. Oktober 2004




Was ein Bagger in wenigen Minuten abbrechen kann und wieviel Staub sich dabei entwickelt, obwohl alles permanent gründlich naß gespritzt wird.
Aber: hier wird nur mit Löffel und Zange gearbeitet, um die Anwohner, umliegenden Geschäfte und den Straßenverkehr so wenig wie möglich zu belästigen.

Demnächst mehr!

dark morning

So ein dunkler düst’rer Morgen
Tief hängen dicke Wolken
Allerfeinster Regen sprüht
Erst um zwanzig nach acht erlischt die Straßenbeleuchtung

Wer radelt da so früh durch Dunkelheit und Wind?
Da ist Herr grapf mit seinem Kind
Der Straße Glitzern feucht und fahl
Das Kind ganz still
Fragt er nach hinten: Kind, bist du noch da?
Beredt schweigt es vom Kindersitze
Dann plötzlich “Piep!” und lust’ges Kichern
Erleichterung jetzt vorn und hinten
Alle noch da, man glaubt’s ja kaum
Rauscht noch – wie im Traum –
Über feuchtes Laub, durch kleinste Tröpfchen
In das vom Helm geschützte Köpfchen
Dämmerung tränkt müde Knochen
Flußdampf an reifem Blätterbrei gerochen

Ich liebe dieses Übergehen
Vom Träumen in die Phantasie
Wann sonst ist so viel Vages zu besehen?
Wirf weg das Traurige und zieh
Hinein in Deinen neuen Tag
Der jetzt nur gut noch werden mag

Lanzarote, erster Versuch

Nachts um eins ging es los, Abholung zum Flughafen, von wannen gegen fünnef nachts morgens der Flieger gen Süden abhob.
Die drangvolle Enge, kombiniert mit defekter Ton-/Videoanlage und muffeligen Saftschubsen Stewardessen ist in derart übernächtigtem Zustand besonders schwer zu ertragen. Ölsardinen haben es besser, denkt man.
Anflug auf die Insel in enger, tiefer gelegter Kurve, die Tragflächen rühren in den Schaumkronen des Meeres, bevor der Pilot die Sardinendose hoppelnd auf die Piste drückt. Die Touris klatschen. Erleichtert, noch am Leben zu sein.

Großer Flughafen, kein Ausstieg aufs Flugfeld, sondern gedrückte Latschnummer durch den Passagierabsaugrüssel.
Warme, stickige Luft.

Riesige Flughafenhalle.
Warme, stickige Luft.

Die Tuitante. Routinierte, winkende Freundlichkeitsmaske, nach dem Makeup in dünner Schicht aufzutragen, dann nicht mehr berühren, bekommt sonst unansehnliche Risse.
Sie steigen in den Bus auf Bahnsteig 29 ein! Mittlerer Ausgang geradeaus, dann noch etwa 200 Meter! Den Kofferwagen vorbeilavieren an 28 anderen Bussen, vor denen überall Leute mit Kofferwagen herumlavieren und den Weg versperren. Warum können die nicht mal freundlich Platz machen, wenn wir uns da lang quälen!

Im Bus riecht es wie in einem jahrelang nicht benutzten Kühlschrank.
Zugig, aber zu warm.
Muffig, aber sehr ungesund.

Von der Insel sieht man vor allem Schutthaufen und zubetonierte Flächen, umrändert von Strand und Meer. Die Hotel- und Appartmentanlagen, vor deren Rezeptionen der Bus seinen Inhalt auswirft, sind nicht voneinander zu unterscheiden. Außen tui – innen ?!

Eigentlich wollte ich ja auch gar nicht weg. Es wurde gerade so schön herbstlich zuhause. Was für eine perverse Idee, im Herbst noch mal Sonne nachtanken zu wollen. Um was für einen Preis!

nightflight1.jpg

Reife Blätter


leuchten mir im Nebel, auf meinem samstagmorgendlichen Weg zum Bäcker. Nicht lang, dann wird die Sonne die Suppe in dünne Fäden zersägen, diese über die Zweige der Bäume verteilen und für angenehmes Wärmeempfinden sorgen.
Die Stadt wird zum üblichen Samstagstrubel erwachen und wir werden in Reisehektik verfallen.

Vergiftet „Fachbereich Stadtgrün“ das Stadtklima?

Göttingen bald baumfreie Zone?

Was soll man davon halten, wenn der Leiter des „Fachbereiches Stadtgrün“ sich offensichtlich berufen fühlt die Stadt von Bäumen zu befreien? In den letzten Jahren hat er schon überaus fleißig vorgelegt: sämtliche Pappeln im Geismarer Bereich z.B., die bis dahin sowohl das Klima als auch die Silhouette weithin prägten, sind gnadenlos abgeholzt worden. Ebenso wesentliche Teile des Baumbestandes am Levinpark und auf dem Leineberg sowie entlang der Leine. Zur Begründung gab es auf mehrmaliges Nachfragen nie mehr als: die gehören da nicht hin. Und: Pappeln haben nur eine Lebensdauer von 50 Jahren. Und die waren um.
Die sogenannten Ersatzpflanzungen stehen in keinem Verhältnis zur Menge und Bedeutung der gefällten Bäume.
Wie ist eine städtische Behörde einzuschätzen, die „versehentlich“ Baumdenkmäler umnietet, wie letztes Jahr auf den Schillerwiesen?
Welchen Eindruck erzeugt so eine spektakuläre Nacht- und Nebel-Säuberungsaktion wie letztes Jahr auf dem Leineberg? Wer hat dafür die politische Verantwortung? Für diese Politik der verbrannten Erde?! Kommt nach Herrn Mattern nur noch die Sintflut?

Nun erneut eine Liste mit 223 zu fällenden Bäumen.
Wer stellt da eigentlich die erheblichen Schädigungen fest? Wer darf die Bäume unwidersprochen zum Abschuss freigeben? Wird dieser „Fachbereich“ von Fachleuten kontrolliert ?

Klar ist, dass das städtische Klima sich verschlechtert, je weniger alte und hohe Bäume die Luft reinigen.
Klar ist ebenfalls, dass sich auch die gefühlsmäßige Lebensqualität in Göttingen dramatisch verschlechtert. Bäume sind Labsal für die Seele. Woran soll das Auge sich erholen, wenn der Blick nur noch in einer Betonwüste umherirrt?!
Die vorgesehenen „Ersatzpflanzungen“ jedenfalls, 24 diesmal gegen 223 zu fällende, sind ein Hohn!

Es geht an die Substanz.

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Sonntag früh morgens

geht’s los, zwei Wochen nach Kanarien.
Irgendwie freue ich mich. Schließlich Urlaub. Da ist Freude Pflicht.
Wenn mir jetzt jemand alternativ zwei Wochen Radtour durch deutsche Herbstlandschaft anböte, würde ich das aber sofort annehmen.

Dieses schwindende Licht, die reifen Blätter mit ihrem überreifen Duft, diese feucht-muffige Ruhe, die tiefes Inneres aufwühlt, melancholische Glücksabfälle aufwirbelt und mir Lust macht mich da einfach reinplumpsen zu lassen.

Übrigens, an meine LieblingsleserInnen: ich hinterlaß Ihnen dann was: zum Schmökern. Hoffe, es wird Ihnen gefallen…

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the trick is to keep breathing

Man nehme einen frischen, klaren Oktobermorgen, der im Südosten noch den Orion zeigt, rühre ein paar gut gelaunte Kinder hinein, ein gutes halbes Stündchen bei schwacher Flamme quellen lassen, dann ein Papa, ein Kind, ein Fahrrad und die Häschenstrecke unter stetigem Rühren hinzuträufeln, aus der Tüte mit morgennebligen Wiesen, Täbern und Wäldern nehmen wir eine Prise feingehackte Wiese mir Krähen, geben nun kräftig seitliche Morgensonne zu und runden ab mit einer auf Zuruf herbeieilenden Eisenbahn.
Das ganze bitte hübsch dekoriert im Fahren servieren, dazu das im Titel genannte Musikstück von Garbage reichen und

guten Appetit und einen wundervollen Tag.

Erinnern Sie sich

noch an Francois Truffaut? Großer französischer Regisseur, gestorben 1984, sozusagen vor 20 Jahren. Berühmt geworden mit Filmen wie Jules und Jim mit Oskar Werner und Jeanne Moreau, Fahrenheit 451 mit Julie Christie und Oskar Werner, Auf Liebe und Tod mit Fanny Ardant und Jean-Louis Trintignant, Die Frau von nebenan mit Gérard Dépardieu und Fanny Ardant oder Die amerikanische Nacht weiß nicht mehr mit wem außer mit Jean Pierre Léaud.
 

All diese Filme bedeuteten mir damals sehr viel. Sie prägten meine Jugend, gewissermaßen.
Am intensivsten im Gefühl, immer zitierbereit und sozusagen komplett lebendig in meiner Erinnerung ist die Serie mit Filmen über Antoine Doinel für mich geblieben: Sie küßten und sie schlugen ihn, Geraubte Küsse, Tisch und Bett – eine Serie wie das Leben selbst: liebenswert, äußerst liebenswert, tragisch, komisch und sehr spontan.
Heute gibt es auf Arte um 22:15 Uhr einen Themenabend zu Truffaut.

is there anybody out there ?

Erzählung 1 von Frau kopfherz
sie sprang mit dem ersten kreischton des weckers auf. dunkel draußen und regnerisch. der faulpelz in ihr versuchte ihr die aktion auszureden. dunkel! nass! aber sie hatte es sich vorgenommen. also zog sie sich die abends bereit gelegten laufklamotten an. steckte die beiden schlüssel in die tasche.
sie lief in die feuchte dunkle welt. der regen hörte gerade auf. schon nach 50 m spürte sie ihre beine und ihre lunge. autos zogen an ihr vorbei – jetzt nur keine schwäche zeigen. nach 300 m musste sie das erste mal keuchend stehen bleiben. zwang sich zum weiter gehen. kaltes licht schien auf ihr zerzaustes haar, ihr vor anstrengung rotes gesicht. sie zwang sich zum weiter gehen, weiter laufen.
immer, wenn sie nicht mehr konnte, trieb sie sich noch ein stück weiter: nur noch bis zur nächsten laterne, zum nächsten haus, zum überweg.
nach 1,5 km drehte sie um. zwang sich das letzte stück, stolperte, stützte sich am geparkten auto ab. sah die kleinen seen auf der motorhaube. los, nur noch bis zur nächsten laterne, die so hell und einladend und so nah scheint.

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September-Ausklang

Ungewohnt hell war es heute Morgen, zuerst durch den Mond, der (voll?) nur gelegentlich von Wolkenfetzen bedeckt meinen Weg mit hellen Flecken und noch mehr Schatten pflasterte, bald darauf ein großes Wolkenloch, durch das mich die Venus anstrahlte, obwohl schon fast die Sonne aufging.
Das fanden wohl auch die Vögel ungewöhnlich. Reichlich Amseln tixten laut und sehr melodisch in den Hecken, eine sang sogar richtig, wenn auch mit eigenartig verkatert wirkender Stimme. Und während ich nach dem Lauf meine Glieder streckte, rief eine Kohlmeise laut und deutlich Zizibäh. Das war schön, der Morgen bekam dadurch so etwas aus der Zeit gerissenes. Einem Versprechen gleich, mitten auf dem Weg in die Dunkelheit: daß dahinter auch schon wieder das Licht zu erahnen ist.

Bei Ohrenschmerzen

im Zusammenhang mit Erkältung wirkt ein Zwiebelsäckchen (einfach einen kleinen Stoffbeutel mit gehackter Zwiebel füllen, aufs Ohr legen, nicht zu enge Mütze drüber) Wunder.
Zwar riecht dann das ganze Zimmer so intensiv nach Zwiebel – vor allem, wenn das liebe Kleine direkt neben einem im Bett liegt und andauernd sein Köpfchen auf mein Kopfkissen schiebt… –
aber das Kind gibt fast umittelbar Ruhe, die Schmerzen ziehen sozusagen in die Zwiebeln.

Wenn man dann so daliegt und sich von einer Seite auf die andere wälzt, fragt man sich, ob der beißende Geruch schlimmer ist oder das ohrenbetäubende Geschrei des Kindes.
Später, so im Halbdösezustand, aus wirren Träumen andauernd die Frage, wie lange es wohl dauert, den Zwiebeldunst wieder aus dem Bett herauszubekommen –
aber morgens hat das Kind gute Laune, weil es den Umständen entsprechend sehr gut schlafen konnte. Was will man mehr!

Die letzte Gallierin

Unvermutet kommt der Lünemann-Abriß ins Stocken. Die Bewohnerin des letzten nicht verkauften Hauses hat per einstweiliger Verfügung eine Unterbrechung der Arbeiten bewirkt.
Nicht nur wegen ohrenbetäubendem Lärm mit schwersten Erschütterungen ihrer Hauswand ohne jede Sicherheitsvorkehrungen, sondern auch, weil die Südwand ihres Hauses schwer beschädigt und an zwei Stellen durchbrochen wurde.
Das muß man sich mal vorstellen. Um einen herum wird ein ganzes Karree an Häusern abgerissen und das eigene, das man bis dahin vermutlich schon nur unter Aufbieten letzter Energien hat verteidigen können, wird nebenbei aus Versehen so beschädigt, daß man da eigentlich nur von fachgerechter Entwohnung sprechen kann.
Immerhin: jetzt ist Ruhe eingekehrt. Die letzte Göttinger Gallierin leistet tapfer Widerstand.

Ein ganzer Mensch

Die Vergangenheit ist ja nicht etwas, was man einfach nur zu bewältigen hätte.
Ich fahre mit dem Zug quer durch’s Land. Im Ohr radiohead und smashing pumpkins und Avril Lavigne. Im Herzen einen großen Schwall frischer, junger Gefühle und ganz vieler alter, keinesfalls abgenutzter, aber schon ein wenig angestaubter. Wo die alle herkommen! Jugendliche Verliebtheiten, Familientragödien, kleine Erfolge und große Niederlagen, Hochs und Tiefs wie die am Fenster vorbeiziehenden Täler und Wälder, schnellen ICEs und stillgelegten / verfallenden Güterbahnhöfe.
Zu Besuch bei einer gaaanz alten Freundin. Das setzt so einiges in Bewegung.
Vor allem diese Erkenntnis, daß es zur Selbstliebe gehört, die eigene Vergangenheit, auch all das, was früher scheußlich war und so gänzlich mißlungen ist, als eigene anzunehmen und sich aktiv dran zu erinnern, sie aufzunehmen und anzunehmen.
Das tut so gut.
Und (diese) Musik ist ein höchst geeigneter Katalysator.

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Künstliche Sonne


Nicht nur, daß es wieder dunkel wird, jeden Tag ein kleines Stück, nun war’s das auch wieder mit der Sonne.
Bleibt nur so’ne Institution hier?! Nee, ne?!

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Dienst-Übergabe

In jedem Beruf, wo verantwortlich mit Menschen gearbeitet wird, gibt es vom Nachtdienst zum Frühdienst eine Übergabe. Oder vom Frühdienst zum Spätdienst. Man übergibt Ereignisse der vergangenen Schicht, damit die nächste weiß, was schon erledigt ist, worauf sie achten muß usw.
In der Familie muß es gar zu oft einfach so gehen: improvisiert, spontan, unorganisiert, chaotisch. Weil keine Zeit für eine Übergabe vorhanden ist, der Nachtdienst später nach Hause kommt als der Frühdienst geht. Im Vakuum zwischendrin müssen die Kinder versorgt werden.
Kein Wunder eigentlich, wenn sie dabei zu zicken beginnen. Sich sperren, verzögern, verweigern, nach dem jeweils abwesenden Elternteil verlangen oder alles vergessen, was sie sonst immer wissen.
Und der Papa? Der ist der blödeste überhaupt: macht die falsche Herdplatte an, um die Milch anzuwärmen. Was passiert: die schöne große Käsedose verschmurgelt. Natürlich hat die nichts auf dem Herd zu suchen. Eigentlich. Passiert trotzdem.
Und eigentlich hatte die Mama dem Papa aufgetragen, den großen Kindern zu sagen, daß sie mittags von der Schule gleich zur Kinderfrau gehen sollen, zum Mittagessen. Und was vergißt der Papa? Genau das. Als er Nummer Drei im Kindergarten abliefert, heulend, klammernd, durchgefroren, weil sie unbedingt keine warme Jacke auf dem Fahrrad anziehen wollte, da fällt es ihm wieder ein.
Und so wird die Übergabe per Handy abgewickelt. Übergabe der diversen Hiobsbotschaften halt. Alltag. Nix besonderes.

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