is there anybody out there ?

Erzählung 1 von Frau kopfherz
sie sprang mit dem ersten kreischton des weckers auf. dunkel draußen und regnerisch. der faulpelz in ihr versuchte ihr die aktion auszureden. dunkel! nass! aber sie hatte es sich vorgenommen. also zog sie sich die abends bereit gelegten laufklamotten an. steckte die beiden schlüssel in die tasche.
sie lief in die feuchte dunkle welt. der regen hörte gerade auf. schon nach 50 m spürte sie ihre beine und ihre lunge. autos zogen an ihr vorbei – jetzt nur keine schwäche zeigen. nach 300 m musste sie das erste mal keuchend stehen bleiben. zwang sich zum weiter gehen. kaltes licht schien auf ihr zerzaustes haar, ihr vor anstrengung rotes gesicht. sie zwang sich zum weiter gehen, weiter laufen.
immer, wenn sie nicht mehr konnte, trieb sie sich noch ein stück weiter: nur noch bis zur nächsten laterne, zum nächsten haus, zum überweg.
nach 1,5 km drehte sie um. zwang sich das letzte stück, stolperte, stützte sich am geparkten auto ab. sah die kleinen seen auf der motorhaube. los, nur noch bis zur nächsten laterne, die so hell und einladend und so nah scheint.

Erzählung 2 von Frau kopfherz

sie stand still in der nacht, die schon in den morgen kippte. sie starrte sehnsüchtig zu den dunklen fenstern hoch, seinen fenstern. so nah war er, traumweit nah. er war da, das wusste sie. sie berührte den glatten, immer gepflegten lack seines autos, stand an der fahrerseite, berührte den griff, den er jeden morgen und jeden abend und manchmal auch über mittag anfasste, schnell, flüchtig, ohne einen gedanken daran zu verschwenden. ein tausendfach ausgeführter handgriff, die tür zu öffenen, ein alltägliches sesam-öffne-dich.

sie stellte sich vor, dass noch moleküle seiner elektrisierenden haut an dem griff hafteten. mit der berührunge nahm sie die auf – ein seltsam verdünntes händehalten.

sie dachte schon so lange an ihn in dieser art – dieser erhitzten fesselnden ausschließlichen art. wochenlang. sie wusste nicht, ob sie sich ihm nähern konnte, ob sie sich ihm nähern durfte. hatte er sie registriert, mit dieser antenne, die auf wellen eingestellt ist, auf andere als die alltäglichen, die zwischen den menschen schwingen, gleichgültig und flüchtig?

vielleicht mochte er es nicht, wenn sie auf ihn zuging. ihr wurde plötzlich bewusst, wie auffällig sie in der stillen, menschenleeren straße wirken musste auf jemanden, der zufällig vorbeikäme, ein später oder früher mensch mit hund, ein von alkohol beschwingter oder getrübter spätheimkehrer – oder eben auf ihn, wenn er zufällig, schlaflos oder schlaftrunken, an dem fenster vorbei käme und hinaussehen würde auf die straße, auf sein auto.

einen moment lang wollte sie sich ducken, hinter dem auto verstecken. aber sie wiederstand dem impuls. sie streckte sich, stand aufrecht, die hand gegen die fensterscheibe gepresst und dort einen abdruck hinterlassend. sie stand aufrecht, die laterne schien heller als die anderen. in diesem scheinwerferlicht, in dieser minute, war sie stark, stolz, unangreifbar.

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