Vorglühen


Es will nicht kalt werden. Die Dunkelheit aber schreitet voran. Wie ihr zum Trotz glüht der Himmel fleißig abends und morgens, singen hier Rotkehlchen, Stare und hin und wieder sogar ein paar Amseln.

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Baumkult

Ja, genau: Baumkult. Manchmal bin ich sehr ernsthaft am Überlegen, einem solchen entweder beizutreten oder einen zu gründen.
Es nahm erste radikalere Formen an, als ein Nachbar starb, der in seinem Garten noch mit weit über 80 eine stattliche Anzahl Apfelbäume jahraus-jahrein liebevoll mit der Nagelschere gepflegt hatte. Das war einer der schönsten Obstgärten im Lande. Und kaum war er tot, hatte sein Sohn nichts besseres zu tun, als all diese wunderschönen Obstbäume in einer Nacht- und Nebelaktion abzuholzen, genauer gesagt: abholzen zu lassen.
Den ganzen Garten machte er platt, ließ ihn quasi planieren, Rasen säen und ringsum Friedhofskoniferen pflanzen.
Alle Anwohner waren fertig mit den Nerven. Und wir ganz besonders, weil dieser Garten war das, was wir von unserm Fenster aus direkt sahen (und noch immer, nur jetzt nicht mehr gern: sehen!).
Neuerdings haben wir einen neuen Nachbarn, der sich einen anderen Garten unter den Nagel gerissen hat, auch mit einem wunderschönen Baumbestand und Hecken, Beeten, alles nett unübersichtlich und spielgerecht und zum verwunschenen Träumen geeignet.
Und was macht dieser Berserker als erstes: läßt einen riesigen, wunderschön gewachsenen Walnußbaum fällen. Und paar kleinere Bäume und Hecken gleich mit. Und pflanzt stattdessen Koniferen! Ein weiteres Desaster bahnt sich an.
Von all den zich und aberzich Pappeln, die the Göttinger Grünflächenholzer in den letzten Jahren hat abholzen lassen, berichteten wir seinerzeit zur Genüge.

So langsam, denkt man, ist das Maß voll.
Man sucht Zuflucht im Wald, spaziert unter Eichen und denkt, hier ist es schön. Hier will ich sein.
Wenn es hier also demnächst stille werden sollte, wissen Sie, wo Sie mich suchen können.

Ihre Bastellust

Seit einiger Zeit ist Kind3 emsig und eifrig dabei, allerlei Gegenstände aus Papier zu fertigen. Einen Briefkasten für ihre Zimmertür zum Beispiel. Oder, was ich sehr pfiffig fand: ein kleines eckiges Schälchen, das an die Türklinge geklebt wurde, in das sie lauter kleine briefmarkenähnliche Zettel legte. Wollte man ihr Zimmer betreten, hielt sie einen an, so 1 Zettel zu ziehen, den man dann beim Verlassen wieder in das Schälchen zurücklegen sollte.
Dann bastelte sie ein weiteres Schälchen mit längerem Bande, das sie selbst um den Hals trug und mit dickeren Papierkügelchen füllte. Die entnahm sie dann bei Bedarf selbst und führte so immer eine Portion Notnahrung mit.
Gestern kam sie plötzlich an und führte mir nach dem obligatorischen „Augen zu!“ und dann „Jetzt Augen wieder auf!“ einen Papierring um ihren Kopf vor, an den sie selbst gestaltete und vor allem bemalte Federn geklebt hatte, einen echten Indianerfederschmuck, wie man ihn nirgends zu kaufen bekäme. Ich war so begeistert, daß ich sofort auch so 1 gebastelt und umgelegt bekam, nicht ohne daß sie zuvor mit einem Probestreifen Maß an meinem Kopf genommen hätte. Und der paßte dann wie angegossen. Die abfälligen Bemerkungen der anderen Familienmitglieder später beim Essen, als ich den Federschmuck stolz zur Schau trug, ertrug ich erhobensten Kopfes und mit Zwinkern Richtung Kind3!

Waldspaziergang

Da gibt es im Göttinger Wald so Ecken, wo ganz hohe Eichen stehen. Da bekommt man geradezu Ehrfurcht. Wir spazieren mit einer befreundeten Familie rund 2 Stunden durch den Nieselregen, voller Bewunderung für die Farben des Laubs, durch das unsere Füße in immer feuchteren Schuhen schliddern. Und wie es selbst an diesem grauen Tag in den Bäumen leuchtet! In den Buchen und Ahörnern. Vor allem in den krummen, sich vielfach windenden riesigen Eichen. Bei einer von ihnen versuche ich den Stamm zu umarmen. Ich komme lange nicht halb herum. Aber dieses Gefühl der Nähe.
Überlegungen, jetzt doch endlich einen Baumkult zu gründen. Der Austritt aus der christlichen Kirche ist eh lang überfällig.
Anschließend gibt es einen Berg Nudeln mit roter Sauce und alle sind glücklich und so richtig schön müde.
ps: kein Foto heute, ohne Kamera unterwegs gewesen, nackt quasi.

Schwänchenteich im Cheltenhampark


Gestern kletterte das Thermometer auf 18° in Göttingen, die Sonne schien von morgens bis abends und noch immer sind die Bäume voller Laub. Der Weg zur Arbeit gerät unwillkürlich zur Phototour, ich kann mich kaum satt sehen an den intensiv leuchtenden Farben in diesem warmen und doch schon so tiefen und knappen Licht. Herbst Herbst Herbst und jeden Tag ein großer Schwung Bilder, die jetzt hier eins nach dem andern vorgezeigt werden.

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Laternegehn


Gut eingewickelt in mein Radfahrer-Ganzkörperkondom schliddere ich durch den feinsten Nieselregen, den so ein gemeiner Novemberabend zu nässen imstande ist, zum Kindergarten. Da sind schon alle Muttis und einige Pappis und natürlich die vielen lieben Kleinen mit ihren bunten Laternen und scharren mit den Hufen.
Es sind so mit die ambivalentesten Gefühle überhaupt, die mich durchzucken, wenn ich aus überzeugten Muttikehlen die bekannten Laterne-Lieder geträllert bekomme, dazu die schrägen und grellen Zwischentöne der Kinder. Dazu diesmal ganz neu: auch manche Laternen selbst singen mit. Oder genauer gesagt: piepsen aus kleinen Soundchips, die in die LED-blinkenden Stiele eingebaut sind. Es ist dieser Punkt, wo aus einem Amüsiertsein über die Spielerein moderner Technik schlagartig blankes Entsetzen wird. Wenn die Kinder plötzlich keine Kerze mehr benutzen dürfen, kein offenes Feuer (Gefahr! Gefahr! Paulinchen ist allein zuhaus!), und wenn das vom Kerzenschein durch das Laternenpapier erzeugte bunte Licht nicht mehr ausreicht, sondern durch elektronisches Blinken ergänzt werden muß. Und dann auch noch das Gepiepse.
Das Gemeinste daran ist, daß es den Kindern gefällt.
Das Schöne ist, daß die Kleine glücklich strahlend neben mir her läuft, in der einen Hand ihre Laterne mit Kerze schwenkt, in der anderen den Schirm balanciert, damit die Laterne nicht naß wird, und singt. Unbekümmert, unbeirrt, ungeheuer schön, wie nur das eigene Kind singen kann. (Ganz objektiv gehört.)
Danach sitzt man im Kindergarten gemütlich beisammen, mampft das mitgebrachte Buffet, die Kinder trinken Punsch und die Eltern dürfen Glühwein. Ach ja fein. Noch etwas mehr dürfte es sein. Da geht dann doch ganz schön was rein.

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Das Ende der Goetheallee


Novemberabend, ein Spaziergang durch die Stadt, eigentlich um zu photographieren, auch jedenfalls. Ergebnis: 1 Motiv. Immerhin.

Ergänzend möchte ich noch hinzufügen, daß ich dieses Bild ohne Stativ und ohne irgendwelches Abstützen aus dem Stand gemacht habe, mit der Eos 30D bei ISO 1600 und Blende 2,8. Wozu diese Kamera in der Lage ist, welche Qualität die bei diesem Licht hinkriegt, das war mit meinem bisherigen Equipment einfach nicht möglich und eröffnet einmal mehr neue Horizonte.

Sangmartin


Alle Jahre wieder beginnt die Vorwhynachzzeit mit dem Sankt-Martinstag, der hier auch gern Sangmartin genannt wird, weil die Kinder dann losziehen, an den Türen in der näheren Umgebung klingeln und dann singen, um dafür Süßigkeiten zu bekommen. Prima kombinierbar mit Laternegehen und dank relativer Unkenntnis der Leute, wann denn eigentlich Sangmartin genau ist, auch gleich zweimal hintereinander machbar.
Trotzdem werden wir unsere extra dafür gekauften Süßigkeitenvorräte eigentlich nie los, weil nicht genug Kinder kommen. Gibt es nicht mehr genug oder trauen sie sich nicht oder haben sie es daheim vor Game*cube, Nint*ndo oder sonsteinem piepsenden Elektroteil zu behaglich, als daß sie sich für ein paar Schokoriegel, Mandarinen und Nüsse in den dunkel-feucht-kalten November hinausbequemen würden?

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Mondsüchtig


Wenn die Wolken vor dem Mond entlang jagen und er so schön ist wie letzte Nacht und auch heute Morgen noch, dann kann ich da stundenlang stehen und einfach nur gucken.

Irgendwann möchte ich noch mal richtig einsteigen in die Astrophotographie, mir so ein Fernrohr kaufen, an das ich die Kamera anschließen kann, einen Nachführmotor und dann… – !

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Der Andromeda-Nebel

Andromeda-Nebel
Eines Abends auf Lanzarote fuhren wir einfach mal mitten in die Vulkane zum Sternegucken und Photographieren. Nach einiger Zeit, die man brauchte, um sich nicht allein an die Dunkelheit, sondern auch an die ungeheure Vielzahl sichtbarer Sterne zu gewöhnen, fiel mir ein, daß man ja eigentlich prima den Andromeda-Nebel sehen können müßte. Den hatte ich nämlich vor bald 20 Jahren ebenfalls im Oktober auf Gomera erstmalig mit eigenen Augen gesehen. Und so brauchte ich auch zwischen den Vulkanen nicht lange, bis ich ihn vor der Linse hatte. Und dank Tobys 200er konnte ich ihn so abbilden, wie man ihn hier sieht. Nebenbei bemühte ich mich, meinen Sohn nicht nur zum Stillhalten anzuhalten – er saß nämlich in der Tür des Autos, auf dessen Dach ich mein Ministativ für die Kamera gestellt hatte – sondern ihm auch ein paar grundlegende Orientierungshilfen für den Sternhimmel zu geben.
Unbedingt ein Höhepunkt dieses Urlaubs!

Britta und der Klimawandel

Abends gucke ich im Video einen reißerischen Bericht über die Twister-Chaser in den USA, diese leidenschaftlichen Menschen, die Leib und Seele riskieren, um Tornados life zu erleben. Ich kann das nachvollziehen. Auf Lanzarote konnten wir aus sehr sicherer Entfernung das kurze Leben einer Wasserhose beobachten, einer Art Mini-Tornado: selbes Prinzip, aber viiieeel harmloser. Sah völlig faszinierend aus.
Aber auch hierzulande bieten einem aktuelle Tiefs wie Britta ja Action pur: der Sturm rüttelt an allem, was nicht festgenagelt ist, wilde Wolkenschauspiele am Himmel und die Temperatur schlägt Kapriolen. War der Oktober noch 3° wärmer als im langjährigen Mittel, bringt Britta nun die erste Frostnacht und erste Schneeflöckchen bereits bis ins Flachland.
Gern würde ich ja mal eine der 17-Meter-Wellen sehen, die da gestern angeblich an die ostfriesische Küste gebrandet sind. 17 Meter, das ist etwa dreimal so hoch wie unser Haus. Und das als Welle? Kann ich mir nicht mehr vorstellen. Muß ungeheuer sein.
Zahlreiche Zugvögel ziehen nicht mehr. Daß die Stare hier überwintern, beoabchte ich schon seit vielen Jahren. Nun bleiben aber offenbar auch Zilpzalpe und Mönchsgrasmücken und allerhand andere Vögel das ganze Jahr über hier. Auch die Singgewohnheiten haben sich geändert, wie ich oft dachte. Die Funkstille zwischen Sommerende und Ende Januar wird nicht mehr nur von Rotkehlchen, sondern auch von Kohlmeisen oder Amseln unterbrochen.
So klaffen persönliche Wahrnehmung und öffentliche Panikmache weit auseinander. Die Medien machen einem weis, daß man die Klimakatastrophe zu fürchten habe. Das persönliche Empfinden ist eher angenehm: längere und wärmere Sommer, mehr faszinierendes Schauspiel in der Atmosphäre. – Zu kurz gedacht, natürlich. Die wirklich katastrophalen Veränderungen des Klimas wie das Abschmelzen der Polkappen, die Ausdehnung der Wüsten, das mögliche Abreißen des Golfstroms – all das bleibt vom hiesigen Alltag aus gesehen fern und theoretisch. Und dran ändern kann man schon mal gar nichts. Mein persönliches Bemühen wenig Auto zu fahren, lieber einen dicken Pullover zu tragen als die Wohnung auf 25° zu heizen, Bäume eher zu pflanzen als zu fällen und all der andere Ökoalltagskleinkram, den man sich im Lauf der Jahrzehnte hat selbstverständlich werden lassen – all das wird es nicht rausreißen. Wie das in „Dr. Seltsam oder wie ich lernte die Bombe zu lieben“ so schön genannt wurde: die automatische Weltzerstörungsmaschine ist jetzt scharf geschaltet. Es ist nicht möglich sie wieder abzuschalten. Die Dinge werden ihren Lauf nehmen.

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