Inszenierte Wirklichkeiten

Inszenierte Photos kennt man ja. Auf die Spitze treibt das zB Gregory Crewdson. So weit bin ich allein aus Budget-Gründen noch nie gegangen. Die Inszenierung von Bildern beginnt aber ja im Grunde schon, wenn man auf der Lauer liegt und erst bei Erreichen einer bestimmten Situation auf den Auslöser drückt: wenn die Sonne endlich tief genug steht und die richtigen Schatten wirft oder wenn das Photomodell endlich die richtige Pose und den gewünschten Blick gefunden hat.
Gehen wir noch einen Schritt weiter. Stellen wir uns vor, wir sind im Urlaub, suchen einen Ort auf, den wir bereits im letzten Jahr photographiert haben. Das wollen wir diesmal wieder tun. Wir wollen eine bestimmte Situation erneut ins Bild bringen. Und natürlich soll es diesmal besser werden.
Von hier an wird das spätestens, wenn alle beteiligten Kinder, Ehefrauen und vorbeilaufenden Schafe mitmachen, mehr als nur ein erneut inszeniertes Bild. Es ist das Erleben an sich und damit die Wirklichkeit, die gar nicht mehr sie selbst ist / sein darf. Es ist die Wirklichkeit, die wir selbst inszenieren, um ein Bild aus ihr zu machen. Später werden wir das Bild zeigen und sagen: „so war es da“.
Jetzt können wir sogar sagen: „So wollten wir, daß es da sei. Und siehe: es war wurde genau so.“
Ist das der Fortschritt Marke Wir machen es, weil wir es können? Oder haben wir hier schon umgeschaltet auf wahnsinnige Geschwindigkeit und bewegen uns auf den letzten Abgrund am Rande der Realität zu? Was wird dahinter sein?

Auszeit – ??qpoo?

Noch zwei Tage und den Rest von heute.
Dann auf und davon.
Für ein paar Wochen.
Und dann gucken wir mal weiter.
Gehaben Sie sich wohl!

  • Beitrags-Kategorie:Tagebuch
  • Beitrags-Kommentare:7 Kommentare

Photographieren – wie weiter?

Der Wald der Photoblogs (siehe photoblogs.org, vfxy.com etc.) wächst ebenso wie die internationalen Communities der Photo-Junkies (flickr.com, ipernity.com etc) exponentiell. Im großen Rauschen der Massen-Uploads wie auch der Massenvermarktung via Microstock-Agenturen u.ä. gehen viele engagierte Arbeiten sowohl von Amateuren als auch Profis unter. Eine offensichtlich unumkehrbare Entwicklung. Gar nicht zu reden von den aus dem Boden schießenden Meta-Blogs, die über Photographie zu berichten versuchen oder aus dem reichhaltigen Erfahrungsschatz der Autoren plaudern, Umfragen starten oder Wettbewerbe veranstalten, um die Aufmerksamkeit der Gemeinde auf sich zu ziehen.
All das, um sich selbst zu zeigen und zugleich zu gucken, was die andern machen, sich gegenseitig brav zu loben und Aufmerksamkeit zu zollen. Eine inhaltliche Auseinandersetzung erscheint dabei nur selten wirklich gewünscht. Das Web Zwo Null bietet zwar allen die Möglichkeit mitzumachen, jeder darf sich als Künstler fühlen – aber man ertrinkt zugleich im visuellen und informationellen Überfluß. Man kann sich gar nicht so viele Bilder von andern angucken und dann auch noch inhaltlich gehaltvoll kommentieren, wie man selbst gern gehaltvolle Kommentare hätte.
Und selbst wenn das mal für kurze Zeit gelingen sollte – was ich durchaus erlebt habe -, ist es immer nur ein sehr kurzer Hype, möglicherweise sogar ein sich einstellendes Glücksgefühl, das jedoch nicht weit trägt. Selbst ganze Serien von Bildern, die man im Photoblog oder in der Community vorstellt, können meistens nicht rüber bringen, was man im direkten Kontakt dazu erzählen könnte: wie man zu den Bildern kam, warum man sie gemacht hat, warum man sie so gemacht hat und nicht anders, was sie einem bedeuten usw. Denn im allgegenwärtigen Geschwindigkeitswahn fehlt vor allem eins: Zeit. Zeit sich in Ruhe zu überlegen, was man eigentlich tut und warum.
Und in Ermangelung direkten persönlichen Kontakts bekommt man auch nicht die Rückmeldung, die einen tatsächlich berühren würde.
Und dann noch all die grundsätzlichen Fragen.
Wie sich überhaupt positionieren als leidenschaftlicher Photograph? Warum weiter photographieren, wo es doch eigentlich gar keine neuen Motive mehr gibt, sondern nur noch Techniken, dem eigentlich längst Ausgelutschten noch etwas Rest-Essenz zu entziehen?
Wie beurteile ich gestalterische Aspekte und ihren Zusammenhang zu Bildaussage und -wirkung?
Wie entwickele ich eine eigene Message und wie verwirkliche ich sie in meinen Bildern?
Was will ich technisch lernen und warum?
Hat die Wahl des Equiments irgendeine Bedeutung und wenn ja, welche?
Diese Fragen stelle ich mir und würde ich gern öfter, um nicht zu sagen regelmäßig, mit gleichermaßen Betroffenen, Mitstreitern, Freunden bequatschen.
Ein Schritt zurück, vielleicht, ein Innehalten zur Besinnung – auf jeden Fall.
Sollte die geneigte Leserin oder der geneigte Leser Lust haben, einen Club mit mir zu gründen – ich bin da gerade sehr offen für Vorschläge!

Baustelle Am Rischen


Hurra: endlich wieder Bagger morgens vor der Garage, auf der Straße und überhaupt: Lärm und Dreck im Überfluß. Was will man mehr!

Verschwommener Blick


Dank sei dem lieben Hildi, der mir seine Lochkamera-Vorsätze für die Spiegelreflex-Kamera geliehen hat! Gestern Abend habe ich das endlich mal ausprobiert. Das wildwolkige Wetter paßte ebenso wie meine irgendwie indifferente Laune, um ein paar flaue, unscharfe und sehr unentschlossene Bilder zu machen. So ganz hab ich den Kniff noch nicht raus, wie man solche Bilder auch wirken lassen kann. Aber vielleicht kommt das ja noch. Seltsam ist es auf jeden Fall, durch den Sucher der Kamera fast nichts erkennen zu können, weil das kleine Löchlein so wenig Licht durchläßt. Es reicht gerade, wenn man ums Auge rum mit der Hand alles gut abdunkelt, Schemen, Umrisse, Schatten zu erahnen. Aber darin liegt der Reiz.
Während ich damit spielte brauste draußen immer wieder die Begeisterung auf. Die fußballnärrischen Nachbarn bejubelten unsere Jungs bei ihrem erfolgreichen Spiel gegen Portugal.

Dobar dan!

Hat Spaß gemacht, dieses Spiel zu gucken. Die Kroaten fand ich nicht nur gut, sondern auch sympathisch und nett anzusehen. Und das Spiel? Da in Trauer auszubrechen und all dieser nationale Quatsch – sorry, da fehlt mir jegliche Ader für. Leider ist es mir noch nicht gelungen, ein kroatisches Fähnlein aufzutreiben. Aber wenn, dann kommt das an mein Fahrrad! :-P

Sommerabend in der Stadt

Je weiter man hinein rollt, desto intensiver flirren noch die Hitzereste des Tages um die Ecken. Überall nur leichte Kleidung. Männer in kurzen Hosen, Frauen in Tops und Röckchen und noch kürzeren Hosen. Blicke, so weit das Auge reicht. Auf den Firsten an den sommerlich lauschigen Ecken sitzen die Amseln und singen endlose Abendlieder. Oben drüber ziehen die Mauersegler riesige elegant geschwungene Kreise und singen ihr Sommerlied, das mir immer durch und durch geht.
Im Park sitzen überall Grüppchen von Studenten und anderen jungen Leuten, trinken Bier und billigen Wein, philosophieren über die Leichtigkeit des Seins oder spielen Federball. Und vor den Fußgängerzonenkneipen stehen die Großbildglotzen draußen und spielen lauthals Fußball, die zahlenden Gäste wirken ganz klein davor. Ich weiß gar nicht, wer heute spielt, frage mich nur, wie man das aushält darüber zu wohnen und dieses sinnfreie Gelaber des Fußball-Moderators über Stunden –

Ich fahre auf meinem Rad mitten hindurch, längs und wieder quer und atme all das ein. Eigentlich schon davon trunken kehre ich noch in den local Supermarket ein, hätte nicht übel Lust, meine Lieblingskassiererin zu umarmen dafür, daß der Laden noch geöffnet ist um halb zehn, und kaufe ein Sixpack Staropramen. Mit einer Flasche davon sitze ich nun im Garten, schaue dem Mond zu und schreibe.
Diese Sommerabende sind es, wofür es sich lohnt zu leben.

Baustellen-Blues


… und endlich mal wieder ein Grund sich so richtig zu ärgern und aufzuregen. Über die Stadt Göttingen, die uns gut zwei Jahre lang mit Baustellen rund um unser Wohnviertel beglückt hat. Und nun erneut damit anfängt, unsere Straße aufzureißen, die sie gerade erst vor wenigen Wochen zu asphaltiert hat.
Wir freuen uns auf einen weiteren Sommer, den wir mit Staub fressen verbringen dürfen.
Diesmal mit dem besonderen Highlight, daß wir zu unseren Autos durch all den Dreck erstmal längere Wanderungen werden unternehmen dürfen.

Von all dem nervtötenden Lärm, den wir zusätzlich zu dem unserer expansiven und bauwütigen Nachbarn auch noch bekommen werden, ganz zu schweigen…

Mit der Bahn weiter bergab

So ganz nebenbei und online nicht auffindbar (deshalb kein Link) lese ich in der taz (nicht etwa im Göttinger Tageblatt), daß die DBAG ihre Intercity-Züge zwischen Göttingen und Hannover ab 2009 nicht mehr durchs Leinetal sondern auf der ICE-Strecke durch die Tunnel schicken will. Dies bedeutet einmal, daß die Orte Northeim, Kreiensen und Elze damit von der halbwegs schnellen Verbindung an die nächsten Großstädte abgeschnitten werden. Das bedeutet außerdem, daß man mit dem Intercity keine nur unwesentlich teurere Alternative zum Metronom mehr hat. Sondern daß man im Intercity zwar für relativ wenig Geld schnell nach Hannover kommt, dafür allerdings mit Ohrenschmerzen bezahlen muß. Denn die älteren Wagen sind nicht so gegen die extremen Druckschwankungen bei Tunnelfahrten isoliert wie die ICEs. Ist es das wert?
Und die schnodderige Antwort der Bahn auf ein Nachfragen, ob diese Änderung wirklich nötig sei: die Bahn müsse auch diese Strecke wirtschaftlich betreiben – läßt einem doch nur noch den Unterkiefer runterklappen.
Beim Führungsstil des Mehdorns indes wundert einen da nichts mehr.

Internet-Rezession?

Die Besucherzahlen sind seit Monaten in kontinuierlichem Rückgang begriffen. Auf all meinen Seiten, Unterseiten und Nebenseiten. Damit einher geht auch ein dramatischer Rückgang der emotionalen Einnahmen: kaum jemand schreibt noch Kommentare. Wie kann man dem begegnen außer durch einschneidende Rationalisierungsmaßnahmen?
Indem wir nun mit weniger Leuten mehr und massentauglicheren Content produzieren? Stündlich irgendwelche Alarmmeldungen ausgeben oder kommentieren? Schreckensbilder vor Ort machen und per mobile blogging sofort veröffentlichen? Schließlich ist Geschwindigkeit immer schon ein wesentliches Gebot im Internet gewesen. Nichts ist so gestrig wie eine Nachricht, die schon woanders zu lesen war.

Nein.

Wir werden uns stattdessen ein wenig zurückziehen und uns in Bescheidenheit üben. Lieber ein paar Blogs weniger bedienen, dafür aber mit Qualitäts-Content.

crossing the bridge…

Sound und Bild of Istanbul:

[youtube IkzEoWEftNw]

zum Beispiel mit Baba Zula. Entdeckt in Fatih Akins sofort heftiges Fernweh hervorrufendem Film über die einzigartige Musik dieser Stadt.

[youtube ZPzaLGLHbjY]

Dampflok-Chasing

Am Pfingstsonntag war Dampflok-Treffen in Bebra. Da dache ich, könnte man ja schön mal dem von einer Dampflok gezogenen Sonderzug von Vienenburg nach Bebra auflauern und womöglich sogar eine Weile neben her fahren.
So bezogen wir zuerst mal in Eichenberg Stellung. Da gibt es eine Brücke über die Gleise, die einem herrlichen Blick über den Bahnhof und auch noch weit in die Landschaft bietet. So war es kein besonderes Problem, dort eine Stunde auszuharren und auf den Zug zu warten.
Der nicht kam.
Von dem man dann nach 1 Stunde hörte, es werde mindestens noch eine halbe Stunde dauern, bis er komme. War schon schade.
Heute lese ich in einer Randnotiz des lokalen Käseblattes, daß nämliche Dampflok auf ihrem Weg nach Göttingen an einigen Stellen die Böschung in Brand gesetzt habe und deswegen in Göttingen außer Betrieb genommen worden sei. Stattdessen habe der Sonderzug dann eine Diesellok vorgeschnallt bekommen.
Nun möchte ich mir gar nicht so genau vorstellen, wie man sich fühlt, wenn man in so einem Zug drin sitzt und dafür bezahlt hat. Hätte uns von Göttingen nach Bebra genau 97 Euro gekostet.

Wir fuhren (durchaus entgegen sonstiger Vorlieben) mit dem Auto weiter bis Bebra, wo auf dem Bahnhof wirklich reichlich Trubel, viele Leute, viel Lärm, viel Staub, reichlich Rauch und wenig Schatten und erst recht wenig Sitzgelegenheiten waren.
Dafür aber Dampfloks. Hautnah und nicht nur zum Anfassen, sondern sogar zum Führerhaus besichtigen, Dampf schnuppern und Sound hören inclusive Pfeife.

Ja, macht was her, man freut sich einen Moment lang über die Schönheit der großen Räder (jedes etwa so groß wie meine Tochter) und die nostalgischen Gefühle, die mit den Kindheitserinnerungen aufkommen. Und über die rußgeschwärzten Lokomotivführer, die alle wie Lukas aussehen und sicher unglaubliche Mengen teurer Lokomotivfühgrerseife brauchen, wenn sie mal richtig sauber werden wollen.
Oder jedenfalls möchte man sich ja irgendwie gerne freuen. Gelingt dann aber nur bedingt, weil der ganze Rummel ziemlich nervt, weil die Dampfloks mit ihren Zügen alle nur auf Durchreise sind und gar nicht schön, wie man nach den Photos meinen könnte, aufgereiht irgendwo am Rand rumstehen, auf daß man mal so in Ruhe drumrum schleichen könnte. Und nicht mal ordentliche Photos kann man machen, weil etwa 3 Grillionen anderer dampflokbegeisterter Hobbyphotographen auch nix besseres zu tun haben, als einem ständig vor dem Motiv zu stehen, Stative auszubreiten oder sich aufs Gleis zu lehnen, um freien Blick zu bekommen, den man selbst gern hätte.

Auf der Rückfahrt durchs Hessische entdeckten wir so reizende Dörfer wie Erkshausen und viel viel gelber Gegend. Ruhe und gute Luft. Das tat richtig gut.

Von der Maßlosigkeit

Wenn man das Rad zurückdrehen könnte, würde man die Privatisierung so manchen ehemals staatlichen Betriebs rückgängig machen. Überlegen wir beim Frühstück. Die Neuseeländer haben das bereits gemerkt und gerade ihre Eisenbahn wieder verstaatlicht, die sie 1993 privatisiert hatten.
Vielleicht sollten wir da mal drüber nachdenken, diesen Mehdorn und diesen Tiefensee endlich vor die Tür setzen und unsere Bahn gleich erstmal staatlich lassen.
Im nächsten Zug entweder die Zeit zurückdrehen oder halt ebenfalls wieder verstaatlichen: die Energieversorger, die Post und die Telekom, die Stadtwerke vieler Städte, die öffentlichen Nahverkehrsunternehmen.

Analog photographiert

Heute Morgen bin ich in echt lecker riechender Luft von Geismar zum Kiessee gelaufen und drum rum. Am Deich und über’m Kiessee lag ein dünne Schicht Bodennebel, schon von Ferne sehr einladend. Völlig phantastisch dann auf dem Rückweg, als die Sonne darauf sehr ausgefallene Lichtspiele trieb. Natürlich hatte ich keine Digicam dabei, nur meine äußerst analoge Kamera: als die Sonne genau hinter dem großen Baum am Deich stand und durch den leichten Nebel um den Baumstamm herum eine kleine rot schimmernde Korona entstehen ließ, da blieb ich stehen, fokussierte, zoomte gedanklich etwas hin und her und speicherte das Bild dann in den emotionalen Regionen irgendwo hinter den Augen.