Tempo 70 für alle!

Hurra!
Endlich hat Jürgen D., Göttingens OB ein klares, markantes und wirksames Zeichen für die Zukunft in den Asphalt der Stadt gesetzt.
Wie aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen verlautete, hat seine Obrigkeit verfügt und ihro itzo angeordnet, einige der lästigen und völlig unzeitgemäßen Zone-30-Zonen rückzuwidmen und dem normalen Verkehr (Motto „freie Fahrt für freie Bürger“) wieder einzugliedern. Wie es heißt, zwangen ihn gesetzliche Vorgaben, Straßenzüge, (in denen sowieso niemand Tempolimits beachtete, die Red.), in denen dem Durchgangsverkehr mehr Raum, mehr Vorfahrt und mehr zügige Verkehrsabwicklung zuzugestehen ist, die 30-km/h-Zonen aufzuheben und wieder nominell Tempo 50 zu erlauben.
Die Freude unter den Göttinger Autofahrern ist begreiflicherweise groß. Denn da in den lästigen Zone-30-Straßen schon niemand merkte, daß man natürlich wenigstens 50 fuhr (Merke: wer zuerst bremst, hat verloren!), ist nun der Freifahrschein offiziell, wieder allgemein mit 70 durch die sowieso völlig verlassenen Vorortstraßen (eh bloß Weende und Geismar) brettern zu dürfen.
Um’s Gewissen zu beruhigen, wurde angeordnet, vor Kindergärten, Schulen und Altenwohnstätten Tempolimits neu einzuführen (hört hört!) – zum Glück sind das ja immer nur kurze Stückchen. Bis man da überhaupt realisiert hat, daß man zu schnell ist, hat man sie eh hinter sich und kann auf den Schreck gleich erst noch ma so richtig drauf drücken. Äh treten.
Wie schön.
Es gibt also doch noch ausgleichende Gerechtigkeit!

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Sonntag am Kiessee

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Seit Monaten bauen sie da. Der Damm an der Flüthe, einem Ausweichbächlein für die Leine, das bei Hochwasser immer dazu benutzt wird, den Sandweg zu überschwemmen, wird verstärkt. Stahlplatten werden reingehauen und dann oben abgeschweißt. Und der Fußweg um den Kiessee rum bei dieser Gelegenheit für Monate unpassierbar gemacht, um mal klar zu machen, daß was passiert.
Da geschieht nämlich was. Einerseits. Andererseits beschweren sich die Göttinger seit Jahren, daß der Sandweg bei Hochwasser immer überschwemmt wird, weil sie dann mit ihren Autos da nicht lang fahren können.
Fast schon ein running gag. Wenn es nicht so ein Trauerspiel wäre.
Aber: Es muß etwas geschehen!

Was man so als Normalgeistigbemittelter aber einfach nicht versteht: warum wird der Damm an dieser Flüthe zu der Richtung hin verstärkt, wo dann dahinter nur der Kiessee kommt, der ohnehin eher naß ist. Wär nich soo schlimm, wenn da noch n bißchen mehr Wasser reinflösse.
Und wozu bauen sie nun auch noch dieses ganz seltsame da, was ich da versucht habe im Photo darzustellen und das ich nicht mal genau zu bezeichnen wüßte, ja wo ich sprachlich einfach nur regredieren kann.
Wwwwwaaahhhh ?!

An anderer Stelle schrieb mal jemand (Obacht: jetzt wird’s bissig): „Göttingen baut und plant. In dieser Reihenfolge.“

Ich sach ma *Am Kopf kratz*: Das hätte nicht geschehen dürfen! (sehr frei nach Heinrich B.)

Entschuldigung bitte an alle Nichtgöttinger: dies hier ist auch für Göttinger nicht oder fast nicht zu verstehen. Aber die können sich dann wenigstens an den Kopf fassen und irgendein unwirsches Geräusch dazu ausstoßen.
Die Andern bitte nur wundern und, äh, am besten woanders weiterlesen.

Beim Vorlesen

In 80 Tagen um die Welt. Jules Verne. Das habe ich gerade meinen Kindern vorgelesen. Gestern kamen wir zum letzten Kapitel. Phileas Fogg ist mit Mrs Aouda und Passepartout zurück in London, jedoch leider 5 Minuten zu spät, wie es scheint. Die Wette verloren, das Vermögen dahin.
Und dann dieser Moment überwältigender Innigkeit: Mrs Aouda fragt ihren Gentleman, ob er sie zur Frau wolle.
Meine Stimme wurde so seltsam kloßig.
Ich hatte es ja schon geahnt, weil damals, als ich 9 Jahre alt war und das Buch zum ersten Mal durch hatte, da war es mir schon genauso gegangen.
Dicker Kloß im Hals, gerade so eben nicht losgeheult, aber fürchterlich gerührt, daß dieses mechanische Uhrwerk von einem Engländer plötzlich so einknickt, sich hingeben kann, liebenswert wird.
Mit 9 ging es mir so, daß ich das Buch sofort wieder von vorn lesen mußte. So sehr fühlte ich mit Phileas.
Es wurde überhaupt eins meiner meistgelesenen Bücher. So 10 bis 15 mal, schätze ich.
Später entdeckte ich, daß es Philip José Farmer sogar gelungen ist, eine Art Fortsetzung zu schreiben: „Das wahre Log des Phileas Fogg“, ein sehr interessantes Werk, daß den Erzählfaden Jules Vernes aufgreift und all die Ungereimtheiten der Geschichte auf’s Korn nimmt, umdeutet und so zu einer ganz neuen Erzählung kommt. Entfernt vergleichbar mit den jüngeren Bemühungen, die Mondlandungen der Amerikaner seit 1969 in Frage zu stellen und umzudeuten.
Allein, die Intensität des Augenblicks zwischen Fogg und Aouda ist natürlich unwiederholbar.

Ich mußte einige Pausen machen beim Vorlesen. Um die Spannung wirken zu lassen. Und um mir in Ruhe darüber klar zu werden, daß ich dieses Buch auch heute gerade so wieder von Neuem vorlesen könnte –

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Zu unentschlossen

Eigentlich wollten wir ja zum Tag des Offenen Denkmals. Die Entdeckung der Saline Luisenhall vor 2 Jahren setzte Maßstäbe, die zwar das Rittergut Niedergandern im letzten Jahr lang nicht erreichte, aber da bin ich doch auf den Geschmack von «Denkmälern» gekommen. Aber gestern war irgendwie so gar nix im Angebot, was bei dem schönen Wetter verlockt hätte, auf die Radtour zu verzichten, die wir unbedingt machen wollten.
Die Lokalzeitung hielt es nicht für nötig, auf besondere Sehenswürdigkeiten hinzuweisen – außer auf die öffentliche Freilegung einer Kloake auf dem Lünemann-Gelände. Da verzichteten wir dankend.
Eine einfache Radtour also, ohne besonderes Highlight als Ziel, ist nicht nur für die Kinder, sondern inzwischen auch für die Erwachsenen eine gewisse Herausforderung. Aber dann fanden wir in Klein Schneen einen idyllischen Rastplatz am Rande einer verwunschenen Allee, es gab ein wenig mitgebrachte Kuchen und – da siegte die gute Laune klar nach Punkten.
Hinterher blieb trotzdem dieses seltsame Gefühl, daß man noch mehr hätte rausholen können. Schließlich muß auch am Wochenende die übliche Leistung erbracht werden in Form von Erlebniswert, Freizeitmehrwert und Vergnügungspunkten oder wie immer wir die Währung nennen wollen.

11. September

Vor 2 Jahren saß man nachmittags fassungslos vor der Glotze ob des Realtime-Action-Thrillers mit Super-Echt-Effekten, den die ARD da in Endlosschleife zeigte.
Angst vor Weltkrieg, totaler Überwachung, daß von Stund an womöglich wirklich nichts mehr so sein würde wie es vorher war. Als ob es vorher „gut“ gewesen wäre.
Bosnien, Tschetschenien oder Ruanda haben sich schließlich vorher schon zugetragen. Geschichte des Grauens unserer Zeit.

Allein nur die Aufzählung von Ländernamen… Afghanistan, Irak, Israel / Palästina, Liberia, Kongo, Sudan, Nordkorea –

Die Taz erinnert heute an den 11.9.1973 in Chile, der für Chile und tausende von ChilenInnen ein wenigstens ebenso beschissener Tag war wie der 11.9.2001 für die Amis.

Tja.

Eigentlich kann man sich doch nur hinstellen und hemmungslos heulen.

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Ein guter Tag

um mal übers Wetter zu plaudern.
Soll ja Leute geben, die mögen Regen. Also ich – nich!
Klar, wenn so’n Sommer soo lang is und soo trocken, daß das dann gar nich so gut is für all die Bäume und Blümchen und die lieben Tierlein.
Aber ich hab mich schon wohl gefühlt unter all der freundlichen Sonne. Gut, ich mußte während der heißesten Tage auch nicht arbeiten. Wir haben keine Tiere, die auf der Weide Wasser finden müssen, kein Getreide auf’m Feld stehen, das gegossen hätte werden müssen –
nur ein paar Quadratmeter Rasen, der halt braun wurde.

Aber dieses Sommergefühl, wochenlang keine lange Hose, keine langärmeligen Sachen anziehen zu müssen, mitten im tiefsten Göttingen nachts lauthals Grillen zirpen zu hören –
DAS ist doch Leben.

Ganz im Gegensatz zu diesem Herbstversuch, der da draußen gerade abläuft. Letzte Nacht hat es geschüttet. Dazu Sturm.
Und dann heute Morgen im Regen laufen. Ach nö, das brauch ich wirklich nich andauernd. Im Nebel is schön, unter sternklarem Himmel auch, meinetwegen kann’s auch schneien.
Aber Regen?

Wenn ich im Bett liege und höre, wie die Tropfen auf die Bäume pladdern oder aus dem Fallrohr der Dachrinne gluckern, kann ich kaum schlafen. Vielleicht ein altes Camping-Trauma, wer weiß. Ich stell mir jedenfalls andauernd vor, was jetzt alles naß wird, daß ich am nächsten Morgen selbst naß werde, daß ich durch Pfützen patschen muß, daß die Kinder das gern tun und sich dabei fürchterlich einsauen, daß ich, auf dem Fahrrad im Regen dahinleidend, auch noch von durch die Pfützen rasenden Autos naßgespritzt werde, völlig durchweicht auf Arbeit ankomme und mich natürlich dort nicht umziehen kann – – –

Ein angemessenes Thema für so einen Tag heute. Nicht wahr?

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Ein neues Fahrrad

muß her!
Vor ein paar Wochen ist mir mein Stadtrad geklaut worden. Seitdem fahre ich auf meinem Tourenrad zur Arbeit. Nicht, daß es nicht gut führe. Nein nein, sogar sehr gut. Aber es hat eine 24-Gang-Kettenschaltung, die sich mit den Anzughosen, welche ich im Büro tragen muß, nicht so recht verträgt. Und es hat keinen Korb, so daß ich das dicke fette Schloß, daß ich jetzt benutze, immer um mich selbst wickeln muß. Beim Fahren. Das nervt.
Eigentlich würde ich es auch lieber schonen und weiterhin nur für Touren nutzen. Dann hält es vielleicht noch einmal 12 Jahre :-) Und überhaupt.
Da ich immer mit dem Rad zur Arbeit fahre und auch sonst nur seltenst unser Auto bewege, kann ich mir ruhig ein Zweitrad leisten. Oder?
Aber die Auswahl fällt mir schwer.
Es soll robust sein, damit es die immer schlechter werdenden Göttinger Straßen eine Weile überlebt. Es soll einigermaßen bequem sein. Ich muß damit aber auch unbedingt schnell fahren können. Sitzhaltung also eher nach vorn geneigt, guter Leichtlauf, das aber möglichst mit Siebengang-Nabenschaltung und Rücktritt.
Gibt’s das?
Probe gefahren bin ich heute das T100 von der Bremer Fahrradmanufaktur. Kostet 650 EUR und macht eigentlich einen ganz guten Eindruck. Gibt’s halt nur in ganz schwarz und sieht nach nichts besonderem aus. Könnte den Vorteil haben, daß es dann auch nicht gleich wieder geklaut wird.
Schöner sind die Fahrräder von Patria. Auch in den Ausstattungsvarianten vielseitiger. Aber auch teurer.
Tja.

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Besuch des alten Freundes

Seit einem Vierteljahr schon geplant, fand es gestern endlich statt. Ein Freund aus alten Tagen besuchte mich, mit seinem kleinen Sohn. Wie das so ist, brauchten die Kinder nur ein paar Minuten, bis sie mit einander zurecht kamen und zusammen spielten.
Bei uns Großen dauerte es aber auch nicht viel länger. Die Ewigkeit, die wir uns nicht gesehen haben, ließ sich zwar nicht einfach überbrücken. Erlebnisse und Erfahrungen von 25 Jahren kann man weder in einem Spruch zusammenfassen, noch dem andern im Gespräch so entlocken, daß man sich plastisch etwas darunter vorstellen kann.
Es war eher so, als ob wir da wieder ansetzten, wo wir 1978 aufhörten.
Aber da war unser Verhältnis intensiv, wir kannten uns gut und waren auf einander eingespielt. Die Sprüche-Ebene funktionierte ebenso wie tiefschürfendere Gespräche oder Erörterungen der politischen Gesamtlage ;-)
Und genau das ging auch ohne Umwege sofort (wieder)!
Es war einfach schön. Ein voller, von Freundschaft geprägter Tag, wie ich ihn mir durchaus öfter vorstellen könnte.

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