für mehr Kreativität

im Internet und gegen die angebliche Nordkoreanisierung soll es gut sein, sein Leben nicht auf den geliebten Mainstream-Plattformen wie facebook oder instagram zu verbringen.
Die sozialen Medien verhelfen ja nicht nur zu immerwährendem und umfassendem Teilen intimer und lebenswichtiger Details und gemeinsamem Erleben großer Momente, sondern man kann sie dann auch noch zum Wohle der Firmen, die uns diese neue Freiheit erst gegeben haben, sinnvoll verwerten lassen.
Und man darf gewiß sein, daß Kommunikation und Kreativität im Geiste des Großen und Ganzen völlig unter- aufgehen!
Es ist auch gar nicht mehr nötig, richtige oder womöglich wirklich interessante Fotos zu machen, um damit Aufmerksamkeit zu erlangen. Es reicht, wenn man seine Bilderzeugnisse durch den richtigen Filter schickt, auf Instagram uppt und dann die Erzeugnisse seiner Buddys leikt (oder wie schreibt man das?). Zur Belohnung bekommt man viele Leiks zurück und fertig ist das soziale Instant-Erlebnis.
Diese Vereinfachung des Lebens finde ich schon toll. Die nötigen Apps hole ich mir gratis aus dem store meines Smartphones, mit dem ich dann auch mein Leben ablichte. Oder inszeniere. Vieles wird ja erst dadurch zu so etwas wie Leben, daß ich es als Bild mit der community share. Die es dann leikt. Wodurch es für mich erst richtig schön wird.
Wie ging das früher bloß ohne?
Ja.
Warum ich das erzähle? Sie kennen das ja selbst zur Genüge.
Da war das mit instagram. Vielleicht haben Sie davon gelesen, von diesem blöden Mißverständnis. Wie mal wieder irgendwelche naßforschen Journalisten behauptet haben, instagram wolle mit den Bildern seiner Jünger nur Geld verdienen und ihnen nichts davon abgeben. Ungeheuerlich.

Das einzige, was ich wirklich nicht verstehe, ist, warum ich mit diesem altmodischen Geblogge hier nicht aufhören kann. Ich gestehe, ich maile auch noch regelmäßig. Statt einfach nur messages zu schicken über facebook oder whats app. Letzteres ist zwar viel einfacher und schneller. Aber ich ertappe mich dabei, wie ich an diesen Steinzeit-Methoden festhänge. Ähnlich wie ich irgendwie lieber selbstgemachte Bratkartoffeln esse als die aus dem Tiefkühlbeutel. Gegen jede Vernunft.

Das Leben ist so viel dichter geworden. Und zugleich undichter.

Dieser Beitrag hat 6 Kommentare

  1. Jens

    Ich verspüre eine zunehmende Müdigkeit…und das nicht nur weil Winter ist. Jeder modernen Errungenschaft nachzugehen ist mir mittlerweile zuviel Arbeit. Das Tempo ist mir zu hoch…alles schnell und sofort….das Nachdenken wird durch Suchanfragen ersetzt…das Heu versteckt sich im Nadelkästchen. Es wird also so sein (bzw. es ist schon so), dass ich vielleicht zu denen gehöre, die „nicht mehr mitkommen“, aber dafür hoffentlich in ihrer Welt hemungslos altmodisch sein können….ohne etwas zu vermissen.

    1. grapf

      Nicht mehr mitkommen – oder vielleicht auch aktiv nicht mehr mitmachen, anders weitermachen?
      Dieses Gefühl der Müdigkeit kenne ich auch, aber mehr noch das Bedürfnis mich gegen sinnlosen Fortschritt als Selbstzweck zu wehren.

  2. Sigurd

    Ich glaube, die wirklich altmodischen Menschen schreiben Briefe – handschriftlich. ;-)
    Sie kleben darauf Briefmarken und keine häßlichen Schwarzweißcodes, die sie in irgendwelchen Internetshops runtergeladen haben.
    Auch auf Postkarten, diese Bildergrüße aus der Steinzeit, deren Umsatz in den letzten 10 Jahren um 75% zurückgegangen, weil alle Leute nur noch Elektronisches verschicken.
    Aber immerhin, noch gibt es diese Alternativen.

    1. grapf

      Da gibt es mittlerweile aber auch von jungen, fortschrittlichen Menschen eine Art Gegenbewegung, die wieder handschriftlich auf Papier und mit Briefmarke kommuniziert, weil das einen anderen Wert darstellt als die rein elektronische Erzeugung, Übermittlung und der Konsum.
      Bei der Photographie ist es ähnlich. Offenbar hat es auch etwas damit zu tun, traditionelle handwerkliche Fähigkeiten zu bewahren. Das hat in meinen Augen nichts mit altmodisch oder rückwärtsgewandt zu tun, sondern zeugt von Respekt der eigenen Herkunft gegenüber und einem konservativen Denken, das nichts mit Neoliberalismus zu tun hat.

  3. mactoken

    Ja, wie wahr… „Nordkoreanisierung“ hört sich gut an, als alternder Mensch (siehe unten) bin ich aber mehr von „1984“ geprägt und empfinde das, was die digitale Gesellschaft da gerade freiwillig vollzieht, in etwa als das, was „Big Brother“ damals wollte…
    Ähm, eMail finde ich auch noch gut, auch wenn diese Kommunikationsform fast schon wieder am Aussterben ist. Wie sagte doch ein Jugendlicher? „eMail ist was für alte Leute!“
    Ja, ich bin alt…
    Früher habe ich immer gedacht: Warum tun sich alte Menschen so schwer mit der Technik? Mit neuen Entwicklungen in der Kommunikation? Und überhaupt – warum wollen sie eigentlich all das Neue nicht mehr? Inzwischen weiß ich’s: Weil sie genug Lebenserfahrung haben, um es nicht zu brauchen. Viele jedenfalls.
    Und, ach ja, bitte weiter bloggen, auch ohne 3.125 Likes und 578 Freude…

    1. grapf

      Ja, Mailen tun nur alte Leute und Bloggen ist was für eine eigentlich schon ausgestorbene Freakgattung der Netz-Dinosaurier. So ähnliche Kommentare erhalte ich von meinen Kindern.
      Da frage ich mich allerdings, wer da jetzt technikfaul ist. Und wer einfach nur mit dem Mainstream mitschwimmt –
      Die neue Technik ist in meinen Augen die Möglichkeit, verzögerungsfrei zu kommunizieren und den Inhalt beim Sender und beim Empfänger zu speichern, so daß man immer wieder darauf zugreifen kann. Als ich früher handschriftliche Brieffreundschaften pflegte, hätte ich mir das oft sehr gewünscht.
      Aber diese Möglichkeit nun wieder unter die Herrschaft irgendeines undurchschaubaren global players
      unterzuordnen, bloß um ein bißchen Bequemlichkeit willen – das ist wirklich wie die freiwillige und vollkommen unnötige Unterwerfung unter Big Brother.

      Ja, solange ihr hier ab und zu auf meine Ergüsse reagiert, mache ich weiter.
      Likes und friends sind m.E. ziemlich überbewertet.

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