Diese Schulmisere

Nun haben sie nach mehreren Jahren des Rumlaborierens mit der auf 12 Jahre verkürzten Schullaufzeit bis zum Abitur festgestellt, daß es doch nicht so einfach geht wie gedacht. Weil seltsamerweise dieselbe Menge Wissen nicht in deutlich weniger Zeit in die ohnehin schon überforderten Hirne unserer Kinder gefüllt werden kann.
Und jetzt kommen sie auf die glorreiche Idee, die überforderten Schülern und Schulen (sic!!!) dadurch zu entlasten, daß wieder samstags unterrichtet wird?

Ich mußte bis zu meinem Abi 1978 jeden Samstag zur Schule und empfand diesen Unterricht damals immer als Zumutung. Versuche unserer Lehrer, uns dann womöglich auch noch Hausaufgaben bis Montag aufzugeben, quittierten wir mit bösem Hohngelächter. Was aber nichts nützte.
All das vor dem Hintergrund, daß wir noch 13 Jahre Zeit hatten. Ok, tatsächlich waren es wegen der Kurzschuljahre (1967/68 wurde der Einschulungstermin von April auf August verlegt und dadurch die Gesamtschulzeit um ein gutes halbes Jahr verkürzt) nur zwölfeinhalb.
Was haben wir später die Schüler nach uns darum beneidet, daß sie dann eine 5-Tage-Woche bekamen!
Und dahinter sollten wir heute zurück wollen?
All diese Vorschläge sind aus meiner Sicht nicht einmal eine Sackgasse, sie sind sinnlose Versuche, mit gesenktem Kopf gegen den Prellbock zu rennen.

Aus meiner Sicht kann es überhaupt nur 1 sinnvollen Ausweg aus dieser Sackgasse des Bildungsirrsinns geben: sofort die 13 Jahre bis zum Abi wieder einführen und darüber hinaus das dreigliedrige Schulsystem sukzessive durch ein integriertes Gesamtschulsystem ablösen. Es ist dringend an der Zeit, das überkommene kontraproduktive Elitedenken endlich ad acta zu legen. Die Zahl der Lehrer deutlich erhöhen und die Lehrerkollegien ergänzen mit einer Reihe speziell ausgebildeter Sozialarbeiter und Psychologen, die an den dringend notwendigen integrativen Komponenten ihren Dienst tun sollen. Zum Wohle von allen.
Es ist klar, daß das ein paar Mark kosten wird. Die wird man dann wohl bei so gewissen Subventionen (für Nokia u.s.w.) einsparen müssen. Oder bei der Geldvernichtung im Kampf um unsere Freiheit am Hindukush. Oder bei Managergehältern. Oder oder oder.
Es gibt genug Möglichkeiten.

Dieser Beitrag hat 4 Kommentare

  1. giardino

    Was die G8 angeht… ich frage mich ja, wo genau der Fehler gemacht wurde. Denn in den neuen Bundesländern gab es das Abitur nach 12 Jahren ja schon lange, und ich hatte nicht den Eindruck, dass das nur unter ganz furchtbaren Bedingungen zu schaffen war, oder dass die Kommilitonen aus dem Osten schlechter gewesen seien, im Gegenteil.

    Liegt jetzt also das Problem in den 12 Jahren an sich (dass es also auch in den neuen Ländern mehr schlecht als recht ist), oder hat man nur die Umsetzung in den alten Ländern versaut (zu wenig Mut beim Straffen der Lehrpläne, zu wenig Personal, zu wenig Rücksicht auf die Schüler..)? Das würde ich gerne mal von jemandem mit der 12-Schuljahre-Ost-Erfahrung erklärt bekommen.

    Die Gesamtschulen im Westen haben übrigens das Problem nie gelöst. Die frühe Entscheidung für eine Schulform, wie sie am herkömmlichen System kritisiert wurde, wurde letztlich nur auf andere Weise vorgenommen. (Z. B.: „Einmal Grundkurs in einem Fach, immer Grundkurs.) Das Projekt Gesamtschule wird inzwischen auch von damaligen Verfechtern als in dieser Form gescheitert angesehen.

    Ich würde viel eher für eine längere Grundschulzeit plädieren, bis ins 6. oder 7. Schuljahr, danach sollte irgendwann schon eine Differenzierung möglich sein, meinetwegen auch über getrennte weiterführende Schultypen. Die 12 Jahre bis zum Abi sind natürlich in ihrer jetzigen Form auch nicht tragbar, zumindest soweit ich das für Bayern beurteilen kann.

  2. grapf

    Ich frage mich, wie man auf die Idee kommen kann, Schüler auf eine immer komplexere Welt vorzubereiten, für die sie immer mehr Fachwissen einerseits, noch wichtiger aber soziale Kompetenz andererseits brauchen, um darin zurechtzukommen, wie man meint, für diese Aufgabe die Zeit verkürzen zu können.
    Ohne dabei an den grundlegenden Strukturen nennenswertes zu verändern.
    Die integrierten Gesamtschulen bekommen das Problem teilweise zumindest durchaus in den Griff. Und auch von den kooperativen Gesamtschulen hört man Gutes.
    Die längere Grundschulzeit hatten wir doch nun lange in Form der sogenannten Orientierungsstufe, wo 2 Jahre nur zum Selektieren vorgesehen waren. Ich bin froh, daß es die nicht mehr gibt.

  3. ostabiturientin

    hallo, als jemand, der 1988 in der ddr abitur gemacht habe, kann ich ja mal versuchen, das phänonem ;-) zu erklären. aus meiner sicht spielten 2 dinge eine rolle: zunächst hatten wir von der 1. bis zur 12. klasse auch sonnabends unterricht (anfangs hatte ich sogar im studium noch sonnabends veranstaltungen). außerdem wurde eben viiel mehr gesiebt unter den schülern, üblicherweise machten aus einer klasse ja nur 2 bis 4 leute abitur und auch, wenn da ideologie natürlich eine rolle spielte, waren es doch zumeist auch die klassenbesten, denen das lernen oft einfacher viel. will mich selbst damit allerdings nicht über den grünen klee loben…
    und was die grundschule bis zur 7.klasse angeht – in berlin und brandenburg gibt’s das ja. die lösung scheint es auch nicht zu sein, aber ich weiß nicht so viel über das heutige schulsystem und seine tücken, als dass ich fundiert darüber mitdiskutieren kann.

  4. giardino

    Das ist ja prima; danke für diesen Einblick. Die Verhältnisse waren dann wohl doch nicht so locker und problemlos.

    Und lieber Grapf, ein Experte bin ich leider auch nicht. Aber wenn die zusätzlichen gemeinsamen Jahre wieder nur zum Selektieren genutzt werden, kann man sie sich natürlich sparen…

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