Olympus OM-D, Testbericht

Meine erste vom selbst verdienten Geld gekaufte Kamera war eine Olympus OM1. So etwas prägt über Jahrzehnte.
Als Olympus die OM-D ankündigte, verfolgte ich die weiteren Enthüllungen sehr gespannt. Und nun war es endlich soweit: ich habe sie einige Tage ausprobiert.

Die Kamera ist relativ schwer und liegt dadurch satt in der Hand. Mit dem sehr langen Set-Objektiv (12-50mm) kann ich sie nur mit der rechten Hand so gerade eben halten. Lange aber nicht. Denn für diese Haltung ist der Body etwas zu klein. Bequemer ist es, das Objektiv in die linke Hand zu legen und die Kamera dann mit rechts zu bedienen.
Der Power-Schalter liegt hinten unten rechts, ist ein bißchen fummelig und löst in mir sofort die Befürchtung aus, daß er schnell kaputt gehen könnte. Ähnlich die meisten Bedienknöpfe, die – vermutlich um der Staub- und Spritzwasserabdichtung willen – alle etwas schwammig zu drücken sind und dadurch auf mich auch nicht sehr stabil wirken.
Der Play-Knopf sitzt echt bescheuert neben dem Sucher. Da wo man am schlechtesten dran kommt und ihn (als Canon-User) auch zuletzt erwarten würde.

Die beiden Einstellräder rechts oben auf der Kamera sind aus Metall und drehen sich mit leichtem, sattem Klick. Da sie (fast) beliebig konfigurierbar sind, tragen sie keinerlei Beschriftung. Einerseits kann man sich dadurch die Kamerabedienung tatsächlich äußerst individuell einstellen, andererseits muß man sich auch merken, welche Funktion man wo und wie einstellt, um sich nicht selbst an der Nase herumzuführen – und da ist keine Beschriftung irgendwie kein echter Vorteil.
Ich bemerke nach einigen Stunden des Ausprobierens, daß mir klar belegte Schalter und Knöpfe lieber sind. Deren Lage und Funktion prägt man sich so oder so nach kurzer Zeit ein. Während das selbst konfigurierbare im Grunde nur dann sinnvoll ist, wenn man die Kamera so bedienen möchte wie eine andere, die man vielleicht vorher hatte. Aber das führt so oder so nicht wirklich weit.

Der Sucher ist klar und hell und man kann erstaunlich viele Informationen einblenden. Bis hin zu 2 Wasserwaagen und Histogramm. Das ist in speziellen schwierigen Aufnahmesituationen wahrscheinlich super, für den Normalfall hindert es mich tatsächlich an der Konzentration auf mein Motiv, das zwischen all den Infos gerade noch so durchschimmert. An der Abbildungsqualität ändert das nichts: die ist erstaunlich gut, gerade, wenn es dunkler wird. Man sieht dann effektiv mehr als durch einen Realbildsucher wie bei einer DSLR. Beim Druck auf den Auslöser, wenn man fokussieren will, flackert das Bild. Vermutlilch normal, aber mich stört das.

Das Display löst fein auf, ist schön groß, bietet viele Anzeigemodi, das heißt, man kann sich so ziemlich alles anzeigen lassen, was irgendwie interessant sein könnte – und sieht darüber hinaus noch das Motiv! Und man kann es klappen. Das ist eigentlich toll. Vor Jahren knipste ich lange lange mit stetiger Begeisterung mit Canon G2 und später G6, die beide „full articulated“ Displays haben. Da kann man schön von oben drauf gucken, während man die Kamera vorm Bauch baumeln hat.
Genau das probiere ich mit der Olympus OM-D auch – aber es kommt keine rechte Freude dabei auf. Denn erstens ist bei der Perspektive von oben der Sucher im Wege, der weit heraussteht – und zweitens klappt sich das Display wieder ein, wenn die Kamera vorm Bauch baumelt und man ein paar Schritte geht. Sonst funktioniert es toll – und auch umgekehrt, Kamera hochgehalten und Display nach unten geklappt.

Tja, sehr schön finde ich auch das Auslösegeräusch. Das ist sehr dezent, wirkt absolut nicht billig, sondern tatsächlich eher unauffällig.

Was noch unbedingt erwähnenswert ist, sind die Menüs. Ich kann die nicht beschreiben, weil ich in ihre tiefsten Tiefen noch gar nicht vorgedrungen bin. Nur soviel: sie sind sehr komplex, sehr umfassend und – selbst für jemanden, der seit über 10 Jahren mit Digicams Umgang hat und einige ausprobiert hat – schwierig!

Kämen wir zum letzten und wichtigsten Punkt: Bildqualität.
Die Bilder wirken unaufgeregt. Keine Canon-Bonbonfarben, aber auch nicht zu blaß. Man kann an den Farben noch etwas drehen, aber man kann sie auch so hinnehmen.
Die Schärfe würde ich als knackig bezeichnen, der Autofokus sitzt ungeheuer schnell und gut.
Das Rauschen – ist für mich eigentlich gar nicht so ein Thema. Zumal die OM-D sozusagen kein Farbrauschen zeigt, sondern nur Helligkeitsrauschen. Das sieht man bei ISO 1600 schon recht deutlich. Allerdings stört es nur, wenn man auf glatt geneatete Bilder steht, was ich nicht tue. Es ist lediglich, wenn man so die ganzen Lobhudeleien vor Augen hat, wie genial die Low-Light-Fähigkeiten der OM-D seien, da muß ich dann doch mal hüsteln. Meine Canon Eos 30D, immerhin 6 Jahre alt, rauscht bei ISO 1600 auch nicht mehr. Allerdings hat sie natürlich auch nur 8 MP und nicht 16. Das ist also schon Fortschritt – aber denn doch nicht so hammermäßig, wie manche Tests glauben machen. Zwei Kleinigkeiten noch: der Weißabgleich bei Kunstlicht ist wie bei fast allen Kameras scheußlich. Quecksilberdampflampen werden eklig grün, das Natriumdampflampen eklig orange. Und beides beißt sich schön. Außerdem werden Lichter nicht sehr klar dargestellt, sondern werden schnell grobe Lichtflecke, müßte man vermutlich stark unterbelichten, was aber natürlich sehr auf Kosten der dunkleren Umgebung geht. Das kann die Eos 30D eindeutig besser.

Vieles spricht für die OM-D.
Trotzdem werde ich sie wieder zurück schicken, weil ich sie nicht überzeugend genug finde. Sie müßte mich überzeugen, vom Canon Eos-System wegzugehen, erstmal 1300 Euro für Body und Set-Objektiv auszugeben und dann noch mal einige hundert Euro dazu für ein, zwei Festbrennweiten, die auf jeden Fall sein müßten. Außerdem einen Adapter für meine alten OM-Objektive, die ich an einer Olympus-Kamera natürlich unbedingt benutzen wollen würde. Und natürlich Ersatz-Akkus und eine neue Tasche und und und.
Für das viele Geld und den Aufwand ist sie mir nicht überzeugend genug, die OM-D.

Schade eigentlich.
Vielleicht fassen sich die Olympus-Entwickler ja noch ein Herz und gestalten ein Bedienkonzept, das sich auch blonde Leute über 40 merken können, stellen das Rauschgeräusch des Bildstabilisators ab und gönnen der Kamera ein richtiges Tilt- und Shift-Display, wie es die Lumix-G-Kameras von Panasonic ja auch haben.
Dann mache ich gern sofort den nächsten Versuch.