Innenstadt-MAUT

Den Londonern ist etwas gelungen, was ich nicht für möglich gehalten hätte: seit drei Monaten schon verlangen sie Maut-Gebühren von allen Leuten, die mit dem Auto in die Stadt reinwollen.
Der Erfolg: etwa 20% weniger Autos in der Stadt. Die noch fahrenden können doppelt so schnell wie vorher. Es wurde genug Geld für 300 neue Busse eingespielt. Schreibt die taz.
Aber hierzulande, wo nur freie Fahrt für freie Bürger zählt, werden noch nicht mal die Lastwagen auf der Autobahn für die massiven Schäden, die sie verursachen, zur Kasse gebeten.
Dabei ist selbst Bus fahren einfach cool.

Natürlich wär Straßenbahn noch viel schöner. Aber man muß ja erstmal einen Anfang finden. Daß das geht, sieht man u.a. hier.

Dieser Beitrag hat 4 Kommentare

  1. pia

    Im Übrigen finde ich die Stadtmaut eine gute Idee, sehr wirksam, wie ich finde;-)

  2. Stefan

    Ja, die Congestion Charge gefällt mir – das wünsche ich mir auch für deutsche Städte…

    Nicht nur hat man in London jetzt genug Geld für neue Busse, man braucht auch von den alten weniger – es werden jetzt wohl zum ersten Mal seit über 50(!) Jahren die planmäßigen Fahrzeiten gekürzt… Im Moment gibt es Probleme, weil an den Endstellen nicht genug Platz für die Pausen der pünktlich ankommenden Busse ist…

  3. Herr Ziegel

    Heute gerade haben sich die Göttinger Innenstadtgeschäftsleute in der lokalen Zeitung darüber aufgeregt, daß das kostenlose Parken nach 17 Uhr in der Innenstadt wieder abgeschafft wurde.
    Denken über den Tellerrand hinaus ist in der Benutzungsordnung nicht vorgesehen :-(

  4. Josef Zaremba

    Die Stadtmaut (eigentlich Staugebühr) in London ist vernünftig. Nach mehr als einem Jahr sind zwar die Einnahmen nicht in der erwartenden Höhe eingefahren worden, aber die tödlichen Unfälle wurden um fast 50% gesenkt.

    Die 1. Toderursache von Kindern in Deutschland sind Verkehrsunfälle.

    Wieviel Wert hat denn eigentlich ein Kindesleben? Ich persönlich würde sagen mindestens 1 000 Mrd. Euro.
    Allein deshalb hat sich das System in London schon gelohnt.
    ( Die Betriebwirtschaftlichung aller menschlichen, sozialen, kulturellen und gesellschaften Bereiche in Deutschland läßt eine solche Diskussion nicht zu. Ein Kind „muss sich rechnen“, ein Philosoph „muß sich rechnen“…..Wie denn?)

    Ganz entscheidend ist aber, dass alle bezahlen- auch die Anwohner (allerdings nur 10%) und dass es Ausnahmen gibt (Ärzte, Feuerwehr, Polizei, Taxis etc.). Alle Nutzer (einheimische wie Pendler) sind mit dem System zufrieden. Es jetzt wird ausgeweitet.

    In Deutschland wird dagegen immer wieder davon „gequatscht“, dass es den armen Händlern dann (mit der Staugebühr) schlecht gehen würde. Komisch ist bei dieser ideologischen Dummargumentationt nur: Wir haben heute keine Stadtmaut oder Staugebühr und dennoch machen in allen Innenstädte viele Einzelhändler ihre Geschäfte zu und Juweliere, 0,99 Cent-Shops, Café-Shops etc. eröffnen ihre Geschäfte.Andererseits haben alle großen Kaufhäuser und Geschäftsketten in den Stadtzentren ihre Standorte. Die müßten doch schon längst auf der grünen Wiese sein, wenn das alles so wäre, wie behauptet.

    Zur Zeit läuft im übrigen der Trend, dass insbesondere junge Familien mit Kindern ihre wunderbaren Eigenheime mit 3 Handtücher großen Grüns und Garage wieder aufgeben und in die Innenstädte ziehen, denn in der Vorort-Taiga werden in der Regel die Bürgersteige gar nicht mehr runter geklappt. Die Öde und Langweiligkeit ist astronomisch hoch – Ehescheidungen und psychosomatische Krankheuten nehmen gerade in diesen „idyllischen“ Garagen-mit Wohnzimmer-Vororten kontinuierlich zu (Auto ist nicht Pflicht, sondern bereits Zwang).

    Vergessen sollte auch nicht, dass Fortschritt gleich wie z.B. auch Demokratie in Städten begann und sich fortsetzt und nicht auf dem Land. Der Geburtsort der Demokratie war die Stadt Athen mit seinem Versammlungsplätzen und Begegnungsstätten. Auf dem Land kann man sich höchstens an Wildschweinen nund Reihern sowie seltenen Gräsern ergötzen (ist manchmal auch nicht schnell – aber Tag aus Tag ein?) und natürlich grillen.

    Die positiven Effekte wie weniger Autoverkehr, besserer ÖPNV, bessere Luft etc. durch eine integrierte Verkehrsplanung mit Staugebühr, Parkhäusern, beruhigten Strassen (alle Autos der Anwohner sind in einem unterirdischen Parkhaus mit Sondertarife) wird von vielen als positiv gesehen. Und es finden Wertsteigerungen der Gebäude und Wohnungen in den „beruhigten“ Regionen wieder statt.

    In London wurde das System begleitet mit dem Ausbau von Parkplätzen und einem neuen stark verbesserten Mehr-Angebot des ÖPNV. In Deutschland – insbesondere durch die Machenschaften von den Roland Berger- (entwickelte das bankrotte Bahnpreissystem) und McKinsey-Dumpfbacken (will die Deutsche Bahn an die Börse bringen -siehe ICE-Disaster von gestern 10 Stunden Pause) – soll dagegen der ÖPNV immer mehr reduziert und kürzt werden, indem die Preise angehoben werden, die Taktfrequenzen verlängert und die Linien geschlossen werden.

    So nebenbei – in Singapur – auch nicht gerade ein kleines Dorf – heißt es in allen Ansprachen der Regierung “ der ÖPNV stellt das Rückgrat unserer Stadt dar“ und wird kontinuierlich ausgebaut (kaum U-Bahnen , denn die waren schon im 19.Jahrhundert zu teuer, deshalb haben die Amerikaner kaum welche gebaut, denn die sind ja nicht alle beschränkt).

    Wichtig bei einer Stadtmaut ist auch, dass die geplanten 200 Mio. Pfund pro Jahr in London ausschließlich nur für die „Mobilität“, d.h. Mobilitätsinfrastruktur (insbesondere für den ÖPNV) der Stadt verwendet werden.

    In Deutschland würde z.B. ein Finanzminister eines Stadt-Bundeslandes diese Geld-Einnahmen nur dazu benutzen um seien bankrotten Haushalt zu sanieren (Bezahlung von Dienstwagen, Beschäftigung von Freunden und Geliebten, Veranstaltung von Galas und Dienstreisen nach Kalifornien). Wenn man diese „Staugebühr“ so verwenden würde, dann allerdings hätten alle Bürger recht, die nur von einer indirekten Steutererhöhung für Autonutzer sprechen würden.

    Wenn in Deutschland die arroganten und leider auch noch strohdummen Verantwortlichen endlich dort hin gehen würde, wo sie hingehören (in die staatlichen Steinbrüche mit einem one-way ticket) und ein bißchen intelligentere Bürger (in Verwaltung, Kommunen, Stadt-, Landes-Bundesregierungen sowie in Unternehmen, gleichwelcher Rechtsform, insbesondere aber bei der DB) die Verantwortung übernehmen könnten (die gibt es nämlich immer noch) dann könnte das „Ländle“ auch mal wieder an Lebensqualität gewinnen.

    Im übrigen wurde der Bürgermeister von London gerade wieder gewählt- trotz der Opposition der Konservativen und der eigenen Partei. Kriegsfreund Blair gehört nicht zu den Freunden von Bürgermeister Livingstone, sondern versuche verzeweifelt seine Kandidatur zu verhindern.

    Die Staugebühr hat seiner politischen Karriere also nicht geschadet.

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