Mein erstes Photoblog hat heute Geburtstag. Vor sieben Jahren genau fing ich dieses Spielchen an und kann es seitdem nicht lassen. Ich nannte es photo.grapf.de und es basierte auf pMachine, einer Blogsoftware, die ein paar Jahre später in ExpressionEngine überging. Lange bevor das geschah, sattelte ich allerdings auf WordPress um. Und dabei ist es bis heute geblieben.
Nur der Name ändert sich gelegentlich. Aktuell heißt es déjà rue.
Die Themen meiner Photos unterliegen ja auch einem gewissen Wandel. Zur Zeit liegt mein Hauptaugenmerk auf der street-Photographie. Da es ja eigentlich fast nichts gibt, was nicht schon einmal photographiert wurde (aber eben nicht von jedem…), wollte ich genau das im Namen unterbringen, beides.
Hinter diesen kleinen Veränderungen stehen immer auch die grundsätzlichen Fragen: warum mache ich das eigentlich? Was ist an street-Photographie so toll? Warum bleibe ich nicht einfach dabei, Kinder und Alltag zu knipsen und die dabei entstehenden Bildchen den lieben Verwandten zu zeigen? Was bringt es mir wirklich, der weltweiten Öffentlichkeit meine Bilder zu zeigen, um dafür hier und da einen höflichen Kommentar zu bekommen – meist aber doch erst, nachdem ich gewisse Vorarbeiten durch Kommentare in andern Photoblogs, bei den KollegInnen quasi, geleistet habe. Schreibst du mir was, schreib ich dir auch was.
Steckt dahinter dann doch noch etwas anderes: das Bedürfnis, etwas Bleibendes zu produzieren, eine Erinnerung, die über den einzelnen Moment hinausgeht? Ein Mosaik aus einzelnen Augenblicken, das sich zu einem Bild von bestimmten Orten zu bestimmten Zeiten zusammenfügt?
Möglicherweise ist es nur die schlichte Eitelkeit, die mich dazu verleitet, ausgerechnet meinen beschränkten Blickwinkel für erhaltenswert zu erachten. Daß ich mit dieser Marotte nicht allein bin, wertet das Unterfangen nicht unbedingt auf.
Schon heute ist das Angebot an Photo-Streams im WWW so umfassend, daß es so etwas langweiliges und unaktuelles wie google-streetview eigentlich gar nicht bräuchte. Blogger und Flickrer sind viel schneller, umfassender und direkter – und zeigen keine Scheu, Inventar und Menschen vor Ort mit aufs Bild zu bringen.
Ein Strom aus Bildern, der uns mit nur geringer zeitlicher Verzögerung letztlich den Spiegel vorhält, den subjektiven Spiegel derer, die auf der anderen Seite auf diesem Bilderstrom ihr Leben leben.
Vor allem auf Urlaubsreisen, mittlerweile aber auch immer mehr im Alltag mehrt sich der Eindruck, wir lebten eigentlich nur noch dafür, uns für unsere Photos in Szene zu setzen. Die Kamera ist immer dabei, wir knipsen Freunde, uns mit unseren Freunden, alle möglichen Situationen – und all das landet in kürzester Zeit auf irgendeiner Internet-Plattform. Oder ist das nicht nur Eitelkeit, sondern steckt dahinter auch die Befürchtung, daß all unser Tun unbeachtet und wirkungslos bleibt, wenn wir es nicht dokumentieren und wie ein Plakat auf einer Demo für uns selbst vor uns hertragen?
Ich denke, es geht um weit mehr als die Frage nach Privatheit versus staatlicher oder privatwirtschaftlicher Kontrolle. Es geht auch darum, was wir uns einbilden, wer oder was wir eigentlich sind – und wie diese Einbildung durch ihre ununterbrochene Abbildung außer Kontrolle gerät, aus unserer eigenen.
Ihre / Eure Meinungen dazu würden mich brennend interessieren.
Bei vielen Hobbys ist es doch so, daß sie noch mehr Spaß machen, wenn man jemanden hat, mit dem man das gemeinsame Interesse teilen kann. (Allgemein menschliche Erfahrung) – Selbst so eine scheinbar unsoziale Leidenschaft wie das Bücherlesen wird erst richtig schön, wenn man sich über das Gelesene unterhalten kann. – Also, so ungewöhnlich ist das Photobloggen dann für mich nicht, es nutzt halt nur den aktuellen Stand der Technik.
Hallo grapf,
da habe ich Dich vor sieben Jahren kennengelernt. Mein Block hiess damals FOTOLOG RK. Jetzt bin ich unter NEUGIERDE mit Pixelpost gelandet. Ich bin wieder auf DIch gestossen über http://www.frankfurterbilder.de, der Block meines Bruders.
Die Digitalfotografie hat mein Freizeitleben sehr beeinflusst. Ich finde durchweg POSITIV. War es nicht schon immer unser Traum, unser Leben zu archivieren ? Dies ist doch jetzt möglich. Digital ist klein, handlich, mit nie gekannter Qualität, schnell und immer verfügbar.
Streetview von Google, da gebe ich Dir absolut recht, ist stinklangweilig. Es vermittelt in keinster Weise die Atmosphäre der Strasse, weil alles ohne Gefühl von einer Roboterkamera abgeknipst wird.
Dagegen sind die Fotoblogs doch erste Sahne. Ich kann mir Orte in der ganzen Welt anschauen und zwar unter den verschiedesten Gesichtspunkten der Fotografen. Das ist doch alles viele persönlicher, da ich sofort Kontakt zu dem Fotografen aufnehmen kann.
Was nun jemand in seinem Blog veröffentlich und warum ist zweitrangig. Ich finde, ein menschlisches Grundbedürfnis ist doch, dass wir kommunizieren, uns mitteilen möchten. Und das können wir hervorragend über unsere Blogs. Ich selbst teile wenig über mein Privatleben in meinem Blog mit. Ich finde, dass die veröffentlichen Fotos sehr viel über den Menschen aussagen können, man muss es nur interpretieren können.
Ich will es nicht dramatisieren, aber ohn Blogs wäre mein Leben um einiges langweiliger. Die Schweiz, in der ich jetzt lebe, hat fotografisch enorm viel zu bieten. Ich muss aufpassen, dass ich keine Postkartenidyllen produziere. Ich denke, wenn Du auf meiner Seite ‚ABOUT ME‘ gelesen hast, wirst meine Motivwahl verstehen.
Grapf, ich sende Dir aus der Schweiz ein herliches Grüezi.
Reinhard