der dunkelste Tag

Morgens erlischt die Straßenbeleuchtung erst um viertel nach acht. Wirklich hell wird es überhaupt nicht. Um Mittag rum fahren noch immer – oder schon wieder? – die meisten Autos mit Licht. Das Zwielichtige schlägt ebenso auf die Seele. Man fühlt sich bedrückt.
Gestern Nachmittag, als ich der dritten Whynachzfeier dieser Woche beiwohnte, begann es mit einer umfassenden ultrafeinen Volldurchnässung von allem. Es regnete nicht. Es nieselte nicht. Nebel war es auch nicht. Es war, als würde man überhaupt unter Wasser fahren. Fahrrad wohlgemerkt.
Heute ist die Talsohle erreicht, von nun an wird es sehr sehr allmählich wieder heller werden. Auch kälter, hoffentlich. Zumindest ist es einfach mal langsam dringend nötig, daß hier so etwas wie Winter einkehrt, daß es mal Frost gibt. Sonst können wir uns bald vor lästigen Viechern wie Mücken und Zecken nicht mehr retten.
Heute Morgen haben nicht nur Rotkehlchen, Zaunkönig und Amsel gesungen, sondern auch die Spatzen waren eifrig am Schwatzen und Kohlmeisen übten sich im Frühjahrsläuten. Das Göttinger Tageblatt behauptet, noch würden Flora und Fauna nicht unter dem wärmsten Herbst seit Beginn der Wetteraufzeichnung leiden. Woher die das immer wissen!
Das Vorwhynachz-Feeling war selten so wenig ausgeprägt wie diesmal, passend dazu jagt eine Whynachzfeier die nächste (siehe oben).
Die Abende verbringt man mit dem Vorbereiten der Geschenke, dem endlosen Einpacken, und findet nicht ins Bett. Obwohl die Müdigkeit schon nachgerade schmerzt. Und am Sonntag, dem highligen Abende, werde die lieben Kleinen die Geschenke in Nullkommanix aus der Verpackung gerissen und mit einem Oh oder bestenfalls einem Ach quittiert und beiseite gelegt haben. Alle Jahre wieder. Olé olé oje.
Der eigene Versuch, irgendwie geartete alternative Whynachzformen auszuprobieren, ist einmal mehr irgendwo auf der Strecke geblieben (u.a. wegen Zeitmangel z.B. wg. Geschenkekaufen), so bleibt alles, wie es immer war. Und nächsten Mittwoch wird man dann wahrscheinlich froh sein wieder arbeiten gehen zu können und die aufgrund von Lagerkoller eher stickige Besinnlichkeit hinter sich lassen zu dürfen.

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Dieser Beitrag hat 11 Kommentare

  1. hildi

    Ich bin auch sehr müde. Geschenke habe ich fast noch gar nicht eingepackt. Über Weihnachten gehts ja auch rüber nach HH. Besser ist das vermutlich. So bleibt mir wenigstens ein paar Tage nix anderes übrig, als mich zu entspannen. Ansonsten hänge ich hier zwischen Arbeit, Geschenkekauf, Servermigration, Grusskartenschreiben und Reisevorbereitungen. Ich könnte auf der Stelle im Büro einschlafen. Stille Nacht…

  2. Sigurd

    Okay, wer Kinder hat, muß sich vielleicht um alternative Festformen Gedanken machen. – Und die Kinderlosen von denen es ja doch einige in Deutschland gibt? Ich meine, daß Weihnachten längst kein christliches sondern ein Konsumfest geworden ist, ist ja mittlererweile ein Allgemeinplatz. Wer sich also nicht zu den verbliebenen 10% Prozent regelmäßigen Kirchgängern in der Bevölkerung zählt und auch keine Kinder hat, der kann theoretisch so konsequent sein, und sich die Sache gleich ganz schenken.

  3. hildi

    Neben Komerz und Kirche oder besser gesagt vor allem auch da gibt es noch Traditionen. Traditionen sind einem Wandel unterworfen. Etwas, das viele nicht begreifen wollen. Aber wir haben es selbst in der Hand, manche Traditionen fortzuführen und andere einfach aufzugeben.

    Ich fand die Betriebsweihnachtsfeier trotz oder vielleicht auch gerade wegen ihres sehr improvisierten Charakters hier sehr gut und wichtig. Die „Firma“ als soziale Einrichtung, die sie auch ist. Wir machen hier nicht nur IT, sondern geben auch 70 Leuten oder so eine Arbeitsstelle und damit was zu Essen, um das sie nicht betteln müssen. Viele haben auch etwas gebacken und mitgebracht. Das alte Prinzip: Jeder tut mal was für den anderen und allen geht es gut. In ganz kleinem Raum. Nur zum Feiern. Aber hey… feiern! Nicht nur meckern über Projekte, die nicht fertig werden oder Anträge die liegen geblieben sind usw. Einfach mal anstoßen mit einem Pappbecher Sprudel oder Glühwein und sich gegenseitig auf die Schulter klopfen: Leute, wir haben zusammen was geschafft.

    Egal, ob man es Weihnachten oder Neujahr tut. Irgendwann sollte man reflektieren. Und man sollte bewußt auch nach den guten Seiten suchen und sich etwas fürs nächste Jahr vornehmen.

    Aber auch der Gang in die Kirche ist eine Tradition. Und obwohl ich zu denen gehöre, die öfter da sind, bin ich nicht sauer über die, die es nur einmal im Jahr hier hin treibt. Entscheidend ist, was man lebt, nicht wo man regelmäßig hin geht.

    Das mit den Geschenken könnte man sich schenken. Aber gerade auch Aufmerksamkeiten sind eine einfache Variante, um zu zeigen, dass man sich mag.

    Der Autor dieser Worte ist aber diesmal jemand, der richtig fette Geschenke verteilen wird – jedenfalls an einen kleinen Kreis – jedoch aber im Wissen, dass es keinen Unterschied machen würde, ob das Geschenk nun teuer war oder nicht. Dieses Mal hat es nur einfach geklappt, es war mehr Geld da und das richtige für die Wünsche. Bei den Kleinigkeiten wurde es schon schwieriger.

    Aber was erzähle ich… für mich ist Weihnachten in der Tat noch ein christliches Fest – und zwar das zentrale. Zwei Tage einen Mann hochleben lassen, der im Grunde nichts weiter meinte, als dass wir uns doch alle lieb haben sollte und dafür hingerichtet wurde. Aber die Idee funktioniert eigentlich heute noch, wie vor 2000 Jahren. Sich einfach mal daran erinnern… das ist doch was fürs Weihnachtsfest.

  4. Sigurd

    @hildi: Danke. Jetzt bin ich fast schon mit Weihnachten versöhnt. Oder genauer gesagt: ich beginne zu begreifen, daß Weihnachten das ist, was man selbst daraus macht. Nicht mehr und nicht weniger.

  5. kerstin13

    und war der dunkelste tag heute, meinst du den tag morgen oder den heiligen abend?
    oje, bist du etwa traurig über dich selbst?:)

  6. kerstin13

    p.s. mit strengsein mit mir selbst kenn ich mich aus;)

  7. tobyyy

    Jo, das Vogelkonzert heute morgen fand ich auch äußerst merkwürdig. Und die gelben Senf(?)-Blüten auf dem Acker heute nachmittag nicht minder. Trotzdem habe ich gegen diese Milde eigentlich nichts, wenn ich nicht diese Angst hätte, dass der Winter dann doch noch ausbricht. So Ende Februar und dann mis April andauert. Dann lieber jetzt ne Packung, am besten in den Ferien…

    Tja und Weihnachten… Ich bin diesbezüglich relativ entspannt. Irgendwie war mir auch noch selten so unweihnachtlich zumute.

  8. grapf

    Ich fände es schön, aus dem Fest am Ende des Jahres (wieder?) eine vor allem kommunikative Sache zu machen. Sich zu treffen mit Freunden, Kollegen, Verwandten, der Familie, gemeinsam zu feiern, sich eine nette Zeit zu machen.
    Ja.
    Aber so ab Mitte November wird ja schon die große Hatz nach Geschenken für\’s allgemeine Klima vorherrschend. Das Whynachzbrimborium überdeckt nicht nur in den Städten, sondern auch in jedem popeligen Geschäft alles normale Leben – und was mich besonders anwidert: wie ehemals vielleicht wirklich nette Traditionen (Whynachzschmuck, Lebkuchen, Gebäck, Kerzen) schon allein durch ihre übertriebene Masse plattgetrampelt werden.
    Es stimmt einfach nicht, daß Whynachten das ist, was ich draus mache. Denn ich lebe hier ja nicht allein, sondern ich erlebe all das mittendrin, kann mich nicht entziehen, kann meinen Kindern nicht einfach sagen: ihr kriegt aber nix zu Whynachten, weil wir diesen Blödsinn nicht mitmachen.
    Die sogenannte Tradition ist zum reinen aber voll umfassenden Konsumzwang geworden, dem sich alles andere unterzuordnen hat.
    Und der Kirchgang vor dem großen Papierzerreißen ist schon seit Jahren nur noch alberne Farce: das ritardierende Moment, um den 24.12. noch etwas in die Länge zu ziehen, erst die Arbeit, dann das Vergnügen.

    Neenee, wenn das der Heiland wüßte, der würde sich am Kreuze umdrehen oder die Augen zuhalten. Dafür soll er gestorben sein?!

    Ja, ein bißchen traurig über mich selbst bin ich, weil ich nicht genug Ernergie aufbringe, entweder wirklich etwas anders zu machen oder wenigstens einfach nicht mitzumachen. Ich lasse mich einmal mehr wieder drauf ein, mit mauem Gefühl im Magen und auch sonst, vor allem aus Angst, nicht genug tolle Sachen für die Kinder gefunden zu haben.
    Und es macht mich traurig, daß für spirituelle Momente – egal welcher Art – einfach kein Raum da ist. Keine Zeit, keine Ruhe, keine Energie.

  9. Sigurd

    Ohne das Thema unnötig breit treten zu wollen, aber vielleicht kommt man in kontroverser Diskussion der Wahrheit ja näher: Grundsätzlich liegt auch Weihnachten das größere Thema „Der Einzelne und die Gesellschaft“ zugrunde. Natürlich kann sich der Einzelne der Gesellschaft nicht entziehen und das mit Kindern noch schlechter, keine Frage. – Aber der Einzelne ist eben auch zugleich ein Teil der Gesellschaft. Kennt noch jemand diese Greenpeace-Sticker „Sie stehen nicht im Stau, Sie sind der Stau.“ ?! Da ist was dran. Zumindest in der Theorie wäre hier der Ansatz für Veränderungen. Theoretisch. Praktisch habe ich leider auch kleine klugen Rezepte zu bieten. Sorry for that …

  10. kerstin13

    lieber ralf, habe immer wieder an dich gedacht die letzten tage. ich habe dieses jahr keine geschenke gekauft, weder für meine eltern, für meine freunde noch meinen freund. ich habe mir wie jedes jahr die zeit genommen, in ruhe schöne karten für einige liebe menschen auszusuchen und mit persönlichen worten zu verschicken. fühle mich mit vielen menschen verbunden. wie wäre das, wenn ich kinder hätte? sicherlich anders. glücklicherweise habe ich einen partner, der ähnliche ansichten hat wie ich und wo wir nicht seine eltern besuchen „müssen“ oder meine. aber ich habe noch vor ein paar jahren sehr unter weihnachten gelitten, weil ich mich so anders fühlte als viele meiner freunde und bekannten und arbeitskollegen. doch ich habe für mich im kleinen und im ganz engen freundeskreis sozusagen stück für stück mir wichtige traditionen beibehalten. dem vorweg sind viele gespräche und austausch über schenken und die bedeutungen über das weihnachtsfest einhergegangen. und es hat auch ein bisschen mut gekosten, etwas weniger konsum auszuprobieren, auszuhalten, dass keiner mit in die kirche gehen möchte, mich anfangs allein zu fühlen mit meinem bedürfnis nach ruhe und entspannung und sinnhaftigkeit. jetzt ist es sehr stimmig. doch das leben ändert sich, wer weiss, wie es in ein paar jahren sein wird. aber trotzdem glaube ich, dass ich versuchen werde, immer ein kleines stück zu riskieren, meine wünsche auszusprechen und zu sehen, was passiert.
    herzliche grüsse,
    kerstin

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