Jugendliche fackeln Kirchturm ab

Inzwischen sind es Jahre, die die Gemeinde der Johanniskirche in Zusammenarbeit mit der Stadt Göttingen damit zugebracht haben, Geld für die Renovierung insbesondere der 2 Kirchtürme, die mit zu den Wahrzeichen der Stadt gehören, zu sammeln und diese Renovierung durchführen zu lassen.
Ein sehr interessantes Detail ist die Türmerwohnung, welche sich im Nordturm befindet und bis unmittelbar vor Beginn der Renovierung noch von Studenten bewohnt wurde. Als die Renovierungsarbeiten bereits ein fortgeschrittenes Stadium erreicht hatten, fiel plötzlich irgendeinem Paragraphenkundigen auf, daß sie aber gar nicht den jüngsten Brandsicherheitsvorschriften entspräche und deshalb nicht nur nicht mehr bewohnt sondern auch nicht mehr für touristische Zwecke genutzt werden dürfe. Es schloß sich ein endloses und bis dato nicht wirklich entschiedenes Gerangel um die Nutzbarkeit dieser Wohnung an, dem nun ein radikales Ende bereitet wurde.
Nachdem die Renovierung der Kirche für umgerechnet etwa 7,5 Millionen Euro sozusagen abgeschlossen war, erklommen in der Nacht zum 23. Januar zwei Jugendliche im Alter von 19 und 15 Jahren den Nordturm, verschafften sich Einlaß in die Türmerwohnung, legten dort Feuer und sorgten damit, vermutlich aus schlichtem Leichtsinn, für eine echte Göttinger Katastrophe.
Der Turm brannte vollkommen aus. Die Feuerwehr war rund um die Uhr mit der Brandbekämpfung und der Sicherung der umliegenden Häuser beschäftigt. Ein 100 Meter hoher mobiler Kran mußte aus Braunschweig herangefahren werden, um eine mehrere hundert Kilo schwere Bronzekugel von der verbannten Turmspitze zu bergen, weil diese abzustürzen drohte. Mehr als 20 in der nächsten Umgebung wohnende Personen mußten vorübergehend zu ihrem eigenen Schutz evakuiert werden. Aber es wurde niemand verletzt.
Die Göttinger sind echt betroffen, das Ereignis ist seit Tagen das Stadtgespräch.
Den beiden mutmaßlichen Täter dürfte keine allzu rosige Zukunft beschieden sein. In ihrer Haut oder der ihrer Eltern möchte man um keinen Preis stecken.

Freuen können sich die mit der nun neuerlich notwendigen Renovierung zu beauftragenden Baufirmen. Die Göttinger werden weitere Jahre mit dem Anblick eines eingerüsteten Wahrzeichens leben müssen – aber auch mit der Hoffnung, daß, nun auf Versicherungskosten, die Kirche vollständig wieder hergerichtet und vielleicht auch gleich die Türmerwohnung brandschutzgerecht ausgerüstet wird, so daß sie wieder für alle begehbar wird. Vielleicht wird dann – in ein paar Jahren? – auch wieder der Herr mit der Trompete samstags mittags so wunderbar den Markt beschallen – ein Hör-Erlebnis, das einen beinahe ins Mittelalter zurückversetzt.

Den Brand und den Zustand der Kirche am Tag danach hat der GT-Photograph Heller so eindrucksvoll photographiert, daß ich für Bildmaterial nur auf die Zeitung verweisen kann.

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